Kurpfalzmispel (Mespilus germanica): Unterschied zwischen den Versionen

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====Literatur====
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* Beeren Wildobst S.72, Maria Bachler (1997)
* Beeren Wildobst S.72, Maria Bachler (1997)
* Bienenweide und Hummelparadies S.222, Dave Goulson (2021)
* Enzyklopädie der Wildobst- und seltenen Obstarten S.262, Helmut Pirc (2015)
* Enzyklopädie der Wildobst- und seltenen Obstarten S.262, Helmut Pirc (2015)
* Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.337, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (2008)
* Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.337, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (2008)

Version vom 24. Juni 2021, 09:45 Uhr

Weitere Namen

Kurpfalzmispel, Austrieb (14.3.)
Kurpfalzmispel, Blütenknspe (19.4.)
Kurpfalzmispel, Blüte (10.5.)
Kurpfalzmispel, Frucht (28.9.)

Süßmispel

Botanischer Name

»Mespilus« Herkunft nicht eindeutig geklärt, »germanica« lat. deutsch (Linné nahm bei der Benennung irrtümlich an, die Mispel sei in Deutschland heimisch)

Englischer Name

Medlar, Common Medlar

Familie

Rosengewächse, Rosaceae

Verbreitung

ursprünglich Südosteuropa, Vorderasien, im Kaukasus bis in 1000m Höhe, in Süd- und Mitteleuropa eingebürgert

Wuchs

ausdauernd, tiefwurzelnder 3-5(selten 8)m hoher Baum mit unregelmäßigem, leicht sparrigem und ausladendem Wuchs, Wildformen bedornt, relativ große, eiförmige, seitlich leicht aufwärts gewellte Laubblätter, wechselständig, im Austrieb rosa überhaucht, leicht behaart, am Rand sehr fein gesägt, am Blattstiel zwei kleine hinfällige Nebenblättchen

Standort

sonnig bis halbschattig, humoser Boden mit etwas Kalk

Blütezeit

Mai, Juni

Blüte

relativ große fünfzählige weiße Blüte, meist einzeln an Kurztrieben, Kelchblätter länger als Kronblätter, bleiben nach der Blüte erhalten, unter der Blüte ein schmales Hochblatt, 30-40 Staubblätter, die einzelnen Blüten bleiben 5-8 Tage geöffnet

Fruchtreife

Oktober, November

Frucht

3-5cm durchmessende, plattrundliche braune Sammelsteinfrucht (ähnlich einer Hagebutte), Kelchblätter bleiben gerade oder gekrümmt über dem recht großen Kelchbecher bestehen, bis zu 5 helle kantige Steinkerne, die Früchte bleiben auch nach dem Laubfall an den Zweigen haften

Vermehrung

Wildformen säen sich selbst aus, Kulturformen werden auf Birne, Weißdorn, Quitte oder Eberesche veredelt

Frosthärte

Laub abwerfend, frosthart bis etwa -20°C

Tierische Besucher

die Blüten werden von Bienen und Hummeln bestäubt, Früchte werden im Winter von Vögeln und Säugern gefressen

Pflege

veredelte Bäume brauchen anfangs eine stabile Stütze, damit sie an der Veredelungsstelle nicht brechen, später ist wenig Pflege nötig, im Jugendstadium eventuell Erziehungsschnitt, später möglichst wenig beschneiden

Verwendbare Teile

die Früchte der meisten Sorten sind zunächst sehr hart und adstringierend, werden erst nach Frosteinwirkung weich und leicht teigig, die Kurpfalzmispel ist ab Mitte Oktober auch ohne Frosteinwirkung gut essbar, das Fruchtfleisch noch fest und leicht säuerlich aromatisch, Zubereitungen als Mus, Marmelade, Likör, Wein oder Mispelbrand, süß oder sauer eingelegt, getrocknete Früchte zu aromatischem Mehl gemahlen zum Backen, Rinde, Blätter und unreife Früchte wurden zum Gerben verwendet

Inhaltsstoffe

Gerbstoffe, Zucker (6-9%), Stärke (3-4%), Vitamin C, Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Pektin

Status

anwesend

Literatur

  • Beeren Wildobst S.72, Maria Bachler (1997)
  • Bienenweide und Hummelparadies S.222, Dave Goulson (2021)
  • Enzyklopädie der Wildobst- und seltenen Obstarten S.262, Helmut Pirc (2015)
  • Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.337, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (2008)
  • Sammelnüsschen und Panzerbeeren S.115, Rosemarie Gebauer (2017)
  • Seltenes Kern-, Stein- und Beerenobst S.111, Gerhard Friedrich, Werner Schuricht (1989)
  • Wildes Obst S.81, Hans-Joachim Albrecht (2018)
  • Wildobst und seltene Obstarten im Hausgarten S.69, Helmut Pirc (2009)
  • kraut&rüben 10/2008 S.35, 10/2020 S.36

Geschichte und Geschichten

Die Mispel ist eines der ältesten von Menschen genutzten Obstgehölze. Im Tertiär war sie in Georgien und am Kaukasus bekannt, um 1000 vor Christus wurde sie rund um das kaspische Meer angebaut. Die Alten Griechen pflanzten die kleinen Bäume in ihre Gärten und aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert existieren genaue Anweisung zur Kultur. Vor rund zweitausend Jahren brachten die Römer die Mispel über die Alpen nach Mitteleuropa. Der gut frostharte Baum ließ sich problemlos anpflanzen und wilderte in südlichen Bereichen erfolgreich aus, so dass es in Süddeutschland noch heute Wildbestände gibt. Karl der Große ließ die Mispel in großem Umfang pflanzen, im Mittelalter war sie eine der wichtigsten Obstarten. Die späte Blüte war kaum frostgefährdet, die Früchte konnten bis weit in den Winter am Baum bleiben und waren gut lagerfähig. Das Holz der Mispel war bei Kunsttischlern beliebt, wurde zum drechseln und für Intarsien verwendet. Die Neuzeit beendete die Karriere der Mispel, schmackhaftere Früchte kamen auf den Markt und heute sind die Bäume nur noch selten zu sehen. Dabei können sie erstaunlich alt werden, in England stehen bis zu vierhundert Jahre alte Exemplare.

Die Mispel ist mit dem Weißdorn verwandt, der häufig auch als Unterlage für Veredelungen dient. Weitere Kandidaten dafür sind Eberesche, Quitte und Birne. Die Kurpfalzmispel ist ein Zufallssämling, der in den 1960er Jahren in der Nähe von Heidelberg aufgetreten ist. Seine Früchte enthalten weniger Gerbstoffe und mehr Zucker, sind ab Mitte Oktober auch ohne Frosteinwirkung essbar und das sogar roh. Der Geschmack erinnert an eine Mischung aus noch nicht ganz reifen Äpfeln und Birnen. Das Fruchtfleisch ist fest, die fünf harten, relativ großen Kerne lösen sich leider nur schlecht davon, was die Verarbeitung etwas mühsam gestaltet, da die Mispeln ohnehin nur einen Durchmesser von vier Zentimetern haben. Die einzelnen Sorten lassen sich nur durch Veredelung weiter vermehren, da sie nicht kernecht sind. Mispeln werden selten roh verzehrt, sondern meist verarbeitet. Als Mus, Marmelade oder auch in alkoholischen Getränken wie Likör, Wein oder Mispelbrand haben sie in manchen Gegenden noch eine gewisse Bedeutung. Ihr hoher Pektingehalt macht sie zum geeigneten Partner für weniger gelierfähige Früchte. Früher wurden die Früchte auch benutzt, um beim Keltern den Weinstein vom Wein zu trennen.