Lungenkraut (Pulmonaria officinalis): Unterschied zwischen den Versionen
(22 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
==== Weitere Namen ==== | ==== Weitere Namen ==== | ||
[[Datei:Lungenkraut2.jpg|miniatur| | [[Datei:Lungenkraut4.jpg|miniatur|450px|Lungenkraut, Sämling (30.3.)]] | ||
Geflecktes Lungenkraut, Hirschkohl, Blaue Schlüsselblume | [[Datei:Lungenkraut2.jpg|miniatur|450px|Lungenkraut, Jungpflanze (13.4.)]] | ||
[[Datei:Lungenkraut3.jpg|miniatur|450px|Lungenkraut, Blattmusterung (26.10.)]] | |||
[[Datei:Lungenkraut1.jpg|miniatur|300px|Lungenkraut, Blüte (18.3.)]] | |||
[[Datei:Lungenkraut5.jpg|miniatur|450px|Lungenkraut, Blüte (8.4.)]] | |||
Geflecktes Lungenkraut, Hirschkohl, Blaue Schlüsselblume, Hänsel und Gretel | |||
====Botanischer Name==== | ====Botanischer Name==== | ||
»Pulmonaria« lat. pulmo - Lunge, pulmonarius - lungenkrank, »officinalis« als wirksame Droge in Apotheken erhältlich | »Pulmonaria« lat. pulmo - Lunge, pulmonarius - lungenkrank, »officinalis« als wirksame Droge in Apotheken erhältlich (Officinarum war der der Apotheke angegliederte Raum in dem Arzneimittel hergestellt wurden), Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher | ||
==== Englischer Name ==== | ==== Englischer Name ==== | ||
Lungwort | Lungwort | ||
==== Familie ==== | ==== Familie ==== | ||
Raublattgewächse, Boraginaceae | Raublattgewächse, Boraginaceae | ||
====Verbreitung==== | ====Verbreitung==== | ||
Europa | Europa, mindestens seit 1594 in Kultur | ||
==== Wuchs==== | ==== Wuchs==== | ||
ausdauernd, horstig, Blätter | ausdauernd, horstig, Blätter herzförmig bis breit lanzettlich zugespitzt, weichfilzig behaart, grün oder grün mit unterschiedlicher weißer Maserung | ||
====Standort==== | ====Standort==== | ||
halbschattig, eher feuchte nahrhafte Böden | halbschattig, eher feuchte nahrhafte Böden, in Höhenlagen bis etwa 2000m | ||
====Blütezeit==== | ====Blütezeit==== | ||
(Februar), März, April, (Mai) | (Februar), März, April, (Mai) | ||
====Blüte==== | ====Blüte==== | ||
in gewickelten Doldentrauben stehende oder leicht nickende schmale Blüten mit langem, borstigem Kelch, fünf im unteren Bereich verwachsene abgerundete Blütenblätter, die zunächst roten Blüten wechseln ihre Farbe nach der Befruchtung zu blau | |||
in Doldentrauben | |||
====Fruchtreife==== | ====Fruchtreife==== | ||
Juli, August | Juli, August | ||
====Frucht==== | ====Frucht==== | ||
im nach der Blüte versteifenden Kelch maximal vier dunkle Samen | |||
====Vermehrung==== | ====Vermehrung==== | ||
durch Teilung älterer Pflanzen, Selbstaussaat | durch Teilung älterer Pflanzen, Selbstaussaat | ||
====Frosthärte==== | ====Frosthärte==== | ||
grün überwinternd, teilweise zurück frierend | grün überwinternd, bei Kahlfrost teilweise zurück frierend | ||
====Tierische Besucher==== | ====Tierische Besucher==== | ||
Bestäubung durch frühe Hummeln und Bienen, unter anderem | Bestäubung durch frühe Hummeln und Bienen, unter anderem Frühlingspelzbienen, die Samen werden von Ameisen verbreitet | ||
====Pflege==== | ====Pflege==== | ||
entfernen abgestorbener Teile im Frühjahr | entfernen abgestorbener Teile im Frühjahr, eventuell Rückschnitt nach der Blüte | ||
====Verwendbare Teile==== | ====Verwendbare Teile==== | ||
frische junge Blätter als Salatzutat, Tee bei Atemwegserkrankungen (nicht zu viel trinken), Pulver aus getrockneten Blättern als Wundheilpuder, Gewebe festigend, Auswurf fördernd | frische junge Blätter als Salatzutat, Tee bei Atemwegserkrankungen (nicht zu viel trinken), Pulver aus getrockneten Blättern und Wurzeln als Wundheilpuder, Gewebe festigend, Auswurf fördernd | ||
====Inhaltsstoffe==== | ====Inhaltsstoffe==== | ||
Schleimstoffe, Gerbstoffe, Saponine, Kieselsäure, Phytosterin, Allantoin, Flavonoide | Schleimstoffe, Gerbstoffe, Tannin, Saponine, Kieselsäure, Phytosterin, Allantoin, Flavonoide, Kalium, Eisen | ||
====Status==== | ====Status==== | ||
anwesend | anwesend | ||
====Literatur==== | ====Literatur==== | ||
* An Ear to the Ground S.45, Ken Thompson (2003) | |||
* Bienenweide und Hummelparadies S.114, Dave Goulson (2021) | |||
* Blumen und Kräuter, Geheimnisvolle Namen... S.130, Ulrich Völkel (2010) | * Blumen und Kräuter, Geheimnisvolle Namen... S.130, Ulrich Völkel (2010) | ||
* Das neue BLV Buch der Kräuter S.33, Richard Mabey (Hrsg.) (1989) | * Das neue BLV Buch der Kräuter S.33, Richard Mabey (Hrsg.) (1989) | ||
* Die Kräuter in meinem Garten S.361, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008) | * Die Kräuter in meinem Garten S.361, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008) | ||
* Die Wildbienen Deutschlands S.336, Paul Westrich (2018) | |||
* Die verschiedenen Blüthenformen an Pflanzen der nämlichen Art S.88/S.207, Charles Darwin (1877) | |||
* Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.337, Deni Bown (1996) | |||
* Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.234, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013) | |||
* Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.158, Detlev Henschel (2002) | * Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.158, Detlev Henschel (2002) | ||
* Gartenlust und Gartenfrust S.20, Marion Nickig, | * Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.72, Eve Marie Helm (1978) | ||
* Gartenlust und Gartenfrust S.20, Marion Nickig, Heide Rau (2004) | |||
* Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.188, Heinz Görz (1987) | * Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.188, Heinz Görz (1987) | ||
* Kölbls Kräuterfibel S.204, Konrad Kölbl (1993) | |||
* Kräuter S.169, Burkhard Bohne (2010) | * Kräuter S.169, Burkhard Bohne (2010) | ||
* Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.30, Detlev Arens (1991) | * Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.30, Detlev Arens (1991) | ||
* Wildblumen im Hausgarten S.92, John Stevens (1987) | |||
* kraut&rüben 4/2019 S.4 | |||
====Geschichte und Geschichten==== | ====Geschichte und Geschichten==== | ||
Das Lungenkraut gehört in die Familie der Raublattgewächse, was nachvollziehbar ist, sind die Blätter doch von einem rauen Pelz überzogen, der die Pflanze vor Kälte, aber auch vor dem gefressen werden schützt. Nur in sehr kalten Wintern verschwindet sie komplett von der Erdoberfläche, meist bleiben die Blätter grün und vergehen erst mit dem frischen Austrieb im Frühjahr. Schon ab Februar erscheinen die Blütenknospen, auch sie sind von einem dichten Pelz bewachsen. Häufig sind am Lungenkraut rote und blaue Blüten gleichzeitig zu sehen. Das hängt mit dem Zellsaft zusammen, der zunächst leicht sauer ist und während der Blüte ins basische wechselt. Die | Das Lungenkraut gehört in die Familie der Raublattgewächse, was nachvollziehbar ist, sind die Blätter doch von einem rauen Pelz überzogen, der die Pflanze vor Kälte, aber auch vor dem gefressen werden schützt. Nur in sehr kalten Wintern verschwindet sie komplett von der Erdoberfläche, meist bleiben die Blätter grün und vergehen erst mit dem frischen Austrieb im Frühjahr. Schon ab Februar erscheinen die Blütenknospen, auch sie sind von einem dichten Pelz bewachsen. Häufig sind am Lungenkraut rote und blaue Blüten gleichzeitig zu sehen. Das hängt mit dem Zellsaft zusammen, der zunächst leicht sauer ist und während der Blüte ins basische wechselt. Die noch unbestäubten roten Blüten sind reich an Nektar. Nach der Bestäubung werden sie blau, was den vorbei fliegenden Insekten signalisiert, dass hier nichts mehr zu holen ist. Hummeln und Bienen fliegen also gezielt die roten Blüten an, was für beide Seiten von Vorteil ist. Wie alle Raublattgewächse bilden auch die Lungenkräuter vierfächerige Klausenfrüchte aus, die jeweils einen Samen enthalten. Die Samen sind mit einem kleinen nahrhaften Anhängsel versehen, das gerne von Ameisen gefressen wird, die Tiere verschleppen die Samen und sorgen für die Ausbreitung der Pflanze. Unter günstigen Bedingungen können so dichte Bestände entstehen. Ist das nicht erwünscht, können die Pflanzen nach der Blüte zurück geschnitten werden, damit sie keine Samen ausbilden und ihre Kraft stattdessen in die Ausbildung des Laubes stecken. In freier Natur wächst das Lungenkraut am Waldrand und in angrenzenden Wiesen mit leicht kalkhaltigem Untergrund, lichter Schatten bekommt ihm auch im Garten gut. Züchtungen mit unterschiedlichen Blattzeichnungen sind das ganze Jahr über von großem Zierwert und lassen sich gut in Staudenpflanzungen integrieren. | ||
Der Name Lungenkraut rührt aus der Signaturenlehre, die jeder Pflanze ein Krankheitsbild zuordnet. Die weißen Flecken auf den Blättern mancher Arten sehen wie eine angegriffene Lunge aus, entsprechend wurde die Pflanze zur Therapie von Lungenleiden eingesetzt. Volkstümliche Namen wie »Unserer lieben Frauen Milchkraut« gehen auf die Legende zurück, dass beim Stillen des Jesuskindes Milch auf die Blätter der Pflanze getropft ist. Nachgewiesen ist die schleimlösende Wirkung des Lungenkrautes, das mit anderen Kräutern gemischt als Tee durchaus hilfreich bei Husten sein kann. | Der Name Lungenkraut rührt aus der Signaturenlehre, die jeder Pflanze ein Krankheitsbild zuordnet. Die weißen Flecken auf den Blättern mancher Arten sehen wie eine angegriffene Lunge aus, entsprechend wurde die Pflanze zur Therapie von Lungenleiden eingesetzt. Volkstümliche Namen wie »Unserer lieben Frauen Milchkraut« gehen auf die Legende zurück, dass beim Stillen des Jesuskindes Milch auf die Blätter der Pflanze getropft ist. Nachgewiesen ist die schleimlösende Wirkung des Lungenkrautes, das mit anderen Kräutern gemischt als Tee durchaus hilfreich bei Husten sein kann. |
Aktuelle Version vom 18. September 2024, 18:58 Uhr
Weitere Namen
Geflecktes Lungenkraut, Hirschkohl, Blaue Schlüsselblume, Hänsel und Gretel
Botanischer Name
»Pulmonaria« lat. pulmo - Lunge, pulmonarius - lungenkrank, »officinalis« als wirksame Droge in Apotheken erhältlich (Officinarum war der der Apotheke angegliederte Raum in dem Arzneimittel hergestellt wurden), Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Lungwort
Familie
Raublattgewächse, Boraginaceae
Verbreitung
Europa, mindestens seit 1594 in Kultur
Wuchs
ausdauernd, horstig, Blätter herzförmig bis breit lanzettlich zugespitzt, weichfilzig behaart, grün oder grün mit unterschiedlicher weißer Maserung
Standort
halbschattig, eher feuchte nahrhafte Böden, in Höhenlagen bis etwa 2000m
Blütezeit
(Februar), März, April, (Mai)
Blüte
in gewickelten Doldentrauben stehende oder leicht nickende schmale Blüten mit langem, borstigem Kelch, fünf im unteren Bereich verwachsene abgerundete Blütenblätter, die zunächst roten Blüten wechseln ihre Farbe nach der Befruchtung zu blau
Fruchtreife
Juli, August
Frucht
im nach der Blüte versteifenden Kelch maximal vier dunkle Samen
Vermehrung
durch Teilung älterer Pflanzen, Selbstaussaat
Frosthärte
grün überwinternd, bei Kahlfrost teilweise zurück frierend
Tierische Besucher
Bestäubung durch frühe Hummeln und Bienen, unter anderem Frühlingspelzbienen, die Samen werden von Ameisen verbreitet
Pflege
entfernen abgestorbener Teile im Frühjahr, eventuell Rückschnitt nach der Blüte
Verwendbare Teile
frische junge Blätter als Salatzutat, Tee bei Atemwegserkrankungen (nicht zu viel trinken), Pulver aus getrockneten Blättern und Wurzeln als Wundheilpuder, Gewebe festigend, Auswurf fördernd
Inhaltsstoffe
Schleimstoffe, Gerbstoffe, Tannin, Saponine, Kieselsäure, Phytosterin, Allantoin, Flavonoide, Kalium, Eisen
Status
anwesend
Literatur
- An Ear to the Ground S.45, Ken Thompson (2003)
- Bienenweide und Hummelparadies S.114, Dave Goulson (2021)
- Blumen und Kräuter, Geheimnisvolle Namen... S.130, Ulrich Völkel (2010)
- Das neue BLV Buch der Kräuter S.33, Richard Mabey (Hrsg.) (1989)
- Die Kräuter in meinem Garten S.361, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
- Die Wildbienen Deutschlands S.336, Paul Westrich (2018)
- Die verschiedenen Blüthenformen an Pflanzen der nämlichen Art S.88/S.207, Charles Darwin (1877)
- Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.337, Deni Bown (1996)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.234, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.158, Detlev Henschel (2002)
- Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.72, Eve Marie Helm (1978)
- Gartenlust und Gartenfrust S.20, Marion Nickig, Heide Rau (2004)
- Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.188, Heinz Görz (1987)
- Kölbls Kräuterfibel S.204, Konrad Kölbl (1993)
- Kräuter S.169, Burkhard Bohne (2010)
- Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.30, Detlev Arens (1991)
- Wildblumen im Hausgarten S.92, John Stevens (1987)
- kraut&rüben 4/2019 S.4
Geschichte und Geschichten
Das Lungenkraut gehört in die Familie der Raublattgewächse, was nachvollziehbar ist, sind die Blätter doch von einem rauen Pelz überzogen, der die Pflanze vor Kälte, aber auch vor dem gefressen werden schützt. Nur in sehr kalten Wintern verschwindet sie komplett von der Erdoberfläche, meist bleiben die Blätter grün und vergehen erst mit dem frischen Austrieb im Frühjahr. Schon ab Februar erscheinen die Blütenknospen, auch sie sind von einem dichten Pelz bewachsen. Häufig sind am Lungenkraut rote und blaue Blüten gleichzeitig zu sehen. Das hängt mit dem Zellsaft zusammen, der zunächst leicht sauer ist und während der Blüte ins basische wechselt. Die noch unbestäubten roten Blüten sind reich an Nektar. Nach der Bestäubung werden sie blau, was den vorbei fliegenden Insekten signalisiert, dass hier nichts mehr zu holen ist. Hummeln und Bienen fliegen also gezielt die roten Blüten an, was für beide Seiten von Vorteil ist. Wie alle Raublattgewächse bilden auch die Lungenkräuter vierfächerige Klausenfrüchte aus, die jeweils einen Samen enthalten. Die Samen sind mit einem kleinen nahrhaften Anhängsel versehen, das gerne von Ameisen gefressen wird, die Tiere verschleppen die Samen und sorgen für die Ausbreitung der Pflanze. Unter günstigen Bedingungen können so dichte Bestände entstehen. Ist das nicht erwünscht, können die Pflanzen nach der Blüte zurück geschnitten werden, damit sie keine Samen ausbilden und ihre Kraft stattdessen in die Ausbildung des Laubes stecken. In freier Natur wächst das Lungenkraut am Waldrand und in angrenzenden Wiesen mit leicht kalkhaltigem Untergrund, lichter Schatten bekommt ihm auch im Garten gut. Züchtungen mit unterschiedlichen Blattzeichnungen sind das ganze Jahr über von großem Zierwert und lassen sich gut in Staudenpflanzungen integrieren.
Der Name Lungenkraut rührt aus der Signaturenlehre, die jeder Pflanze ein Krankheitsbild zuordnet. Die weißen Flecken auf den Blättern mancher Arten sehen wie eine angegriffene Lunge aus, entsprechend wurde die Pflanze zur Therapie von Lungenleiden eingesetzt. Volkstümliche Namen wie »Unserer lieben Frauen Milchkraut« gehen auf die Legende zurück, dass beim Stillen des Jesuskindes Milch auf die Blätter der Pflanze getropft ist. Nachgewiesen ist die schleimlösende Wirkung des Lungenkrautes, das mit anderen Kräutern gemischt als Tee durchaus hilfreich bei Husten sein kann.