Große Brennnessel (Urtica dioica): Unterschied zwischen den Versionen
(25 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
==== Weitere Namen ==== | ==== Weitere Namen ==== | ||
[[Datei:Großebrennnessel5.jpg|miniatur|450px|Große Brennnessel, Sämling (15.5.)]] | |||
[[Datei:Großebrennnessel1.jpg|miniatur|450px|Große Brennnessel, Austrieb (17.4.)]] | [[Datei:Großebrennnessel1.jpg|miniatur|450px|Große Brennnessel, Austrieb (17.4.)]] | ||
[[Datei:Großebrennnessel2.jpg|miniatur|450px|Große Brennnessel, Austrieb mit Brennhaaren (4.6.)]] | [[Datei:Großebrennnessel2.jpg|miniatur|450px|Große Brennnessel, Austrieb mit Brennhaaren (4.6.)]] | ||
Zeile 6: | Zeile 7: | ||
Donnernessel, Hanfnessel,Saunessel | Donnernessel, Hanfnessel,Saunessel | ||
====Botanischer Name==== | ====Botanischer Name==== | ||
»Urtica« abgeleitet vom lateinischen | »Urtica« abgeleitet vom lateinischen urere - brennen, »dioica« - zweihäusig, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher | ||
==== Englischer Name ==== | ==== Englischer Name ==== | ||
Nettel | Nettel | ||
Zeile 14: | Zeile 15: | ||
Europa | Europa | ||
==== Wuchs==== | ==== Wuchs==== | ||
ausdauernd, weitläufige Rhizome bildend, gelbe zähe Wurzeln, Triebe straff aufrecht, Blätter länglich oval, gezähnt, ganze Pflanze mit brüchigen Brennhaaren besetzt, Blüten im oberen Bereich in den Blattachseln, bis über 2m hoch, | ausdauernd, weitläufige Rhizome bildend, die nach einigen Jahren so stabil sind, dass sie kaum mit dem Spaten zu zerteilen sind, gelbe, dünne, flach verlaufende zähe Wurzeln, Triebe straff aufrecht, Blätter länglich oval bis herzförmig, gezähnt, ganze Pflanze mit brüchigen Brennhaaren besetzt, Blüten im oberen Bereich in den Blattachseln, bis über 2m hoch, Austrieb häufig schon im Februar | ||
====Standort==== | ====Standort==== | ||
sonnig bis halbschattig, stickstoffhaltige Böden,daher gerne in der Nähe menschlicher Ansiedlungen | sonnig bis halbschattig, stickstoffhaltige Böden,daher gerne in der Nähe menschlicher Ansiedlungen | ||
Zeile 20: | Zeile 21: | ||
Juni, Juli, August, September, Oktober | Juni, Juli, August, September, Oktober | ||
====Blüte==== | ====Blüte==== | ||
Pflanzen sind zweihäusig, Blüten hängend, sehr unauffällig | Pflanzen sind zweihäusig, Blüten hängend, sehr unauffällig, weibliche Blüten sehen einem kleinen Pinsel ähnlich, sie tragen halbdurchsichtige Fäden, die den Pollen auffangen | ||
====Fruchtreife==== | ====Fruchtreife==== | ||
August, September, Oktober | August, September, Oktober | ||
====Frucht==== | ====Frucht==== | ||
kleine Körnchen | kleine kantige Körnchen | ||
====Vermehrung==== | ====Vermehrung==== | ||
durch Ausläufer, Selbstaussaat | durch Ausläufer, Selbstaussaat | ||
====Frosthärte==== | ====Frosthärte==== | ||
oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart | in milden Wintern mit grünen Grundblättern, ansonsten oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart | ||
====Tierische Besucher==== | ====Tierische Besucher==== | ||
Futterpflanze für verschiedene Schmetterlingsraupen | Futterpflanze für verschiedene Schmetterlingsraupen (Pfauenauge, Kleiner Fuchs) | ||
====Pflege==== | ====Pflege==== | ||
Rückschnitt nach der Blüte um zu großzügiges Aussamen zu verhindern, ausreißen wo sie stört, solange sie noch klein genug ist | Rückschnitt nach der Blüte um zu großzügiges Aussamen zu verhindern, ausreißen wo sie stört, solange sie noch klein genug ist (die Wurzeln erobern schnell größere Bereiche und lassen sich nur schwer entfernen) | ||
====Verwendbare Teile==== | ====Verwendbare Teile==== | ||
frische Blätter als Spinatersatz, Blätter als Tee für eine Frühjahrskur, getrocknete Blätter als Haustee, entschlackend, blutreinigend, schleimlösend, blutdrucksenkend, cholesterinsenkend, stoffwechselanregend | frische Blätter als Spinatersatz, Blätter als Tee für eine Frühjahrskur, getrocknete Blätter als Haustee, entschlackend, blutreinigend, schleimlösend, blutdrucksenkend, cholesterinsenkend, stoffwechselanregend, aus den Samen gepresstes Öl äußerlich bei Hautausschlägen und Rheuma, aber auch als Speiseöl | ||
====Inhaltsstoffe==== | ====Inhaltsstoffe==== | ||
Kieselsäure, Gerbstoffe, Vitamine, Histamin, Ameisensäure, | in der Pflanze: Kieselsäure, Gerbstoffe, Vitamine, Spurenelemente (besonders Eisen, Magnesium Kalzium), Flavonoide, Karotinoide, in den »Nadeln«: Histamin, Ameisensäure, Acetylcholin, Serotonin, in den Samen: Phytohormone, Schleimstoffe, Vitamin E, bis zu 30% fettes Öl (Linolsäure), in den Wurzeln: Lecithine, ß-Sitosterin | ||
====Status==== | ====Status==== | ||
anwesend... | anwesend... | ||
Zeile 43: | Zeile 44: | ||
* Berliner Pflanzen S.51, Heiderose Häsler, Iduna Wünschmann (2009) | * Berliner Pflanzen S.51, Heiderose Häsler, Iduna Wünschmann (2009) | ||
* Das Kräuterkulinarium S.14, Maiga Werner (2014) | * Das Kräuterkulinarium S.14, Maiga Werner (2014) | ||
* Das Naturbuch für Neugierige S.48, Loki Schmidt (2010) | |||
* Das neue BLV Buch der Kräuter S.121, Richard Mabey (Hrsg.) (1989) | * Das neue BLV Buch der Kräuter S.121, Richard Mabey (Hrsg.) (1989) | ||
* Der neugierige Gärtner S.70, Jürgen Dahl (1998) | |||
* Die Blüte S.127, Dieter Heß (1990) | |||
* Die Kräuter in meinem Garten S.104, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008) | * Die Kräuter in meinem Garten S.104, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008) | ||
* Die Unkräuter in meinem Garten S.65, Wolf-Dieter Storl (2018) | |||
* Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.366, Deni Bown (1996) | * Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.366, Deni Bown (1996) | ||
* Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.247, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013) | |||
* Essbare Samen S.57, Anke Höller, Doris Grappendorf (2019) | |||
* Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.178, Detlev Henschel (2002) | * Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.178, Detlev Henschel (2002) | ||
* Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.24, Eve Marie Helm (1978) | * Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.24, Eve Marie Helm (1978) | ||
Zeile 51: | Zeile 58: | ||
* Heilkraft aus dem Garten S.110, Wolfgang Hensel (1998) | * Heilkraft aus dem Garten S.110, Wolfgang Hensel (1998) | ||
* Heilkräuter und Zauberpflanzen... S.13, Wolf-Dieter Storl (1996) | * Heilkräuter und Zauberpflanzen... S.13, Wolf-Dieter Storl (1996) | ||
* Heilsam bis Tödlich S.71, Jan Grossarth (2022) | |||
* Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.69, Adelbert von Chamisso (1827) | |||
* Jahreskalender für den Heilpflanzenliebhaber S.27, Ernst-Albert Meyer (1989) | * Jahreskalender für den Heilpflanzenliebhaber S.27, Ernst-Albert Meyer (1989) | ||
* Kölbls Kräuterfibel S.84, Konrad Kölbl (1993) | * Kölbls Kräuterfibel S.84, Konrad Kölbl (1993) | ||
* Köstliches aus dem Garten S.211, Marion Nickig, Heide Rau (2005) | * Köstliches aus dem Garten S.211, Marion Nickig, Heide Rau (2005) | ||
* Kräuter S.195, Burkhard Bohne (2010) | * Kräuter S.195, Burkhard Bohne (2010) | ||
* Kräuter, Gefährten am Wegesrand S.41, Ursula Stumpf (2018) | |||
* Kräutermärchen S.33, Folke Tegetthoff (1998) | * Kräutermärchen S.33, Folke Tegetthoff (1998) | ||
* Kräuterzauber S.56, Dido Nitz (2012) | * Kräuterzauber S.56, Dido Nitz (2012) | ||
* Naturmedizin Heilkräuter S.108, Penelope Ody (2000) | * Naturmedizin Heilkräuter S.108, Penelope Ody (2000) | ||
* New Kreüterbuch Cap.XXXVII, Leonhart Fuchs (1543) | * New Kreüterbuch Cap.XXXVII, Leonhart Fuchs (1543) | ||
* The Bedside Book of the Garden S.220, Dr. D.G.Hessayon (2008) | |||
* The Book of Weeds S.139, Ken Thompson (2009) | |||
* The curious Gardeners Almanac S.98, S.100, Niall Edworhty (2006) | |||
* Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh S.87, Christiane Freuck (2009) | * Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh S.87, Christiane Freuck (2009) | ||
* Was die Kräuterhexen sagen S.24, Maureen | * Was die Kräuterhexen sagen S.24, Maureen u. Bridget Boland (1983) | ||
* Weeds, S.67, Richard Mabey (2010) | |||
* Wildpflanzen auf unserem Tisch S.15, Dagmar Lánská (1990) | |||
* Wo der Pfeffer wächst S.48, Hansjörg Küster (1987) | * Wo der Pfeffer wächst S.48, Hansjörg Küster (1987) | ||
* Wo die wilden Pflanzen wohnen S.78, Ewald Weber (2022) | |||
* Zauberpflanzen Hexenkräuter S.112, Gertrud Scherf (2002) | * Zauberpflanzen Hexenkräuter S.112, Gertrud Scherf (2002) | ||
* Zeit im Garten S.15, Jürgen Dahl (1991) | |||
* kraut&rüben 6/2007 S.54, 9/2018 S.70, 1/2021 S.55 | |||
====Geschichte und Geschichten==== | ====Geschichte und Geschichten==== | ||
Stickstoff. Kaum eine Pflanze gilt als so eindeutiger Anzeiger für Stickstoff wie die Große Brennnessel. Sie ist eine Kulturfolgerin, hat sich dem Menschen angeschlossen, und sich dort niedergelassen, wo er seinen Abfall entsorgt hat. Wo immer sich Stickstoff im Boden findet, dauert es nicht lange, bis die ersten zarten Pflänzchen auftauchen und sich für eine Saison zurückhaltend geben, ehe sie nach dem ersten Winter plötzlich sehr dominant auftreten und ihren Platz mit Vehemenz verteidigen. Die Große Brennnessel ist ein Wurzelunkraut. Sie schiebt bis zu Meter lange Triebe dicht unter der Erdoberfläche entlang und wer die kleine Pflanze am Ende ausreißen will, hat unerwartet den ganzen Strang in der Hand. Die Wurzeln sind zäh und dehnbar, an ihrer gelben Farbe leicht zu erkennen. Der erste Austrieb im Frühjahr hat etwas sehr lebensfrohes, schon die ersten Blätter strotzen vor Kraft. Bis in etwa dreißig Zentimeter Höhe dürfen sie wachsen, dann wird geerntet. Ob als Tee für die Frühjahrskur, als Suppe, Spinat oder Füllung für Teigtaschen, das Grün ist vielseitig verwendbar. Nach dem Rückschnitt vergehen kaum drei Wochen, schon sind die Pflanzen wieder da. Und jetzt dürfen sie wachsen. Dürfen Futter und Rückzugsort sein für diverse Insekten, dürfen zweieinhalb Meter hoch werden und blühen. Die | Stickstoff. Kaum eine Pflanze gilt als so eindeutiger Anzeiger für Stickstoff wie die Große Brennnessel. Sie ist eine Kulturfolgerin, hat sich dem Menschen angeschlossen, und sich dort niedergelassen, wo er seinen Abfall entsorgt hat. Wo immer sich Stickstoff im Boden findet, dauert es nicht lange, bis die ersten zarten Pflänzchen auftauchen und sich für eine Saison zurückhaltend geben, ehe sie nach dem ersten Winter plötzlich sehr dominant auftreten und ihren Platz mit Vehemenz verteidigen. Die Große Brennnessel ist ein Wurzelunkraut. Sie schiebt bis zu Meter lange Triebe dicht unter der Erdoberfläche entlang und wer die kleine Pflanze am Ende ausreißen will, hat unerwartet den ganzen Strang in der Hand. Die Wurzeln sind zäh und dehnbar, an ihrer gelben Farbe leicht zu erkennen. Der erste Austrieb im Frühjahr hat etwas sehr lebensfrohes, schon die ersten Blätter strotzen vor Kraft. Bis in etwa dreißig Zentimeter Höhe dürfen sie wachsen, dann wird geerntet. Ob als Tee für die Frühjahrskur, als Suppe, Spinat oder Füllung für Teigtaschen, das Grün ist vielseitig verwendbar. Nach dem Rückschnitt vergehen kaum drei Wochen, schon sind die Pflanzen wieder da. Und jetzt dürfen sie wachsen. Dürfen Futter und Rückzugsort sein für diverse Insekten, dürfen zweieinhalb Meter hoch werden und blühen. Die Pflanzen sind zweihäusig, tragen entweder weibliche (hängende)oder männliche (waagerecht abstehende) Blüten. Die sind vielleicht keine Augenweide, aber auch hier sind etliche Insekten zur Stelle. Zur Bestäubung sind sie nicht notwendig, das besorgt der Wind. Die Samen sind wiederum werden von Vögeln gefressen, sind aber auch in der Küche verwendbar, grün oder ausgereift geerntet und geröstet als nussiger Geschmacksgeber in Müsli oder Gebäck. Was nicht geerntet werden soll, wird dann besser abgeschnitten, sonst wird es bald zu viel des Guten und der Garten verschwindet unter den Nesseln. | ||
Was an Blättern und Stängeln im ersten Moment wie Haare aussieht, entpuppt sich bei leichter Berührung als effektive Waffe. Die Spitzen der Brennhaare bestehen aus Kieselsäure, die bei Hautkontakt bricht und Ameisensäure in die Haut injiziert. Bereits der zehnmillionste Teil eines Grammes reicht aus um eine Entzündung hervorzurufen. Trotz dieser schmerzhaften Reaktion gilt die Nessel als wirksames Mittel gegen Rheuma, Auspeitschungen mit den frischen Trieben gehörten in der Volksheilkunde zur Therapie. Weniger unangenehm dürfte die innere Anwendung in Form von Tee sein, der wirkt entwässernd und wird häufig als Frühjahrskur empfohlen. | |||
Aus den langen Stängeln der Nesseln lassen sich Fasern gewinnen, aus denen der Nesselstoff hergestellt wurde. Der Name Nessel geht auf den Wortstamm ned zurück, was soviel heißt wie zusammenknüpfen. | |||
Die Römer brachten Samen der Großen Brennnessel mit nach England, um besser mit dem feuchten, kühlen Klima fertig zu werden. Der Legende nach sollen sich die Legionäre mit Nesselruten ausgepeitscht haben, um sich zu wärmen. Misstrauische Römer tranken Wein mit Nesseln, um sich vor Vergiftungen mit gefährlichen Pflanzen zu schützen. | |||
====Kulinarisches==== | ====Kulinarisches==== |
Aktuelle Version vom 25. Februar 2024, 20:36 Uhr
Weitere Namen
Donnernessel, Hanfnessel,Saunessel
Botanischer Name
»Urtica« abgeleitet vom lateinischen urere - brennen, »dioica« - zweihäusig, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Nettel
Familie
Nesselgewächse, Urticaceae
Verbreitung
Europa
Wuchs
ausdauernd, weitläufige Rhizome bildend, die nach einigen Jahren so stabil sind, dass sie kaum mit dem Spaten zu zerteilen sind, gelbe, dünne, flach verlaufende zähe Wurzeln, Triebe straff aufrecht, Blätter länglich oval bis herzförmig, gezähnt, ganze Pflanze mit brüchigen Brennhaaren besetzt, Blüten im oberen Bereich in den Blattachseln, bis über 2m hoch, Austrieb häufig schon im Februar
Standort
sonnig bis halbschattig, stickstoffhaltige Böden,daher gerne in der Nähe menschlicher Ansiedlungen
Blütezeit
Juni, Juli, August, September, Oktober
Blüte
Pflanzen sind zweihäusig, Blüten hängend, sehr unauffällig, weibliche Blüten sehen einem kleinen Pinsel ähnlich, sie tragen halbdurchsichtige Fäden, die den Pollen auffangen
Fruchtreife
August, September, Oktober
Frucht
kleine kantige Körnchen
Vermehrung
durch Ausläufer, Selbstaussaat
Frosthärte
in milden Wintern mit grünen Grundblättern, ansonsten oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart
Tierische Besucher
Futterpflanze für verschiedene Schmetterlingsraupen (Pfauenauge, Kleiner Fuchs)
Pflege
Rückschnitt nach der Blüte um zu großzügiges Aussamen zu verhindern, ausreißen wo sie stört, solange sie noch klein genug ist (die Wurzeln erobern schnell größere Bereiche und lassen sich nur schwer entfernen)
Verwendbare Teile
frische Blätter als Spinatersatz, Blätter als Tee für eine Frühjahrskur, getrocknete Blätter als Haustee, entschlackend, blutreinigend, schleimlösend, blutdrucksenkend, cholesterinsenkend, stoffwechselanregend, aus den Samen gepresstes Öl äußerlich bei Hautausschlägen und Rheuma, aber auch als Speiseöl
Inhaltsstoffe
in der Pflanze: Kieselsäure, Gerbstoffe, Vitamine, Spurenelemente (besonders Eisen, Magnesium Kalzium), Flavonoide, Karotinoide, in den »Nadeln«: Histamin, Ameisensäure, Acetylcholin, Serotonin, in den Samen: Phytohormone, Schleimstoffe, Vitamin E, bis zu 30% fettes Öl (Linolsäure), in den Wurzeln: Lecithine, ß-Sitosterin
Status
anwesend...
Literatur
- Bärlauch und Judenkirsche S.45 Gerhild Birmann-Dähne (1996)
- Berliner Pflanzen S.51, Heiderose Häsler, Iduna Wünschmann (2009)
- Das Kräuterkulinarium S.14, Maiga Werner (2014)
- Das Naturbuch für Neugierige S.48, Loki Schmidt (2010)
- Das neue BLV Buch der Kräuter S.121, Richard Mabey (Hrsg.) (1989)
- Der neugierige Gärtner S.70, Jürgen Dahl (1998)
- Die Blüte S.127, Dieter Heß (1990)
- Die Kräuter in meinem Garten S.104, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
- Die Unkräuter in meinem Garten S.65, Wolf-Dieter Storl (2018)
- Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.366, Deni Bown (1996)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.247, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Essbare Samen S.57, Anke Höller, Doris Grappendorf (2019)
- Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.178, Detlev Henschel (2002)
- Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.24, Eve Marie Helm (1978)
- Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.80, Heinz Görz (1987)
- Heilkraft aus dem Garten S.110, Wolfgang Hensel (1998)
- Heilkräuter und Zauberpflanzen... S.13, Wolf-Dieter Storl (1996)
- Heilsam bis Tödlich S.71, Jan Grossarth (2022)
- Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.69, Adelbert von Chamisso (1827)
- Jahreskalender für den Heilpflanzenliebhaber S.27, Ernst-Albert Meyer (1989)
- Kölbls Kräuterfibel S.84, Konrad Kölbl (1993)
- Köstliches aus dem Garten S.211, Marion Nickig, Heide Rau (2005)
- Kräuter S.195, Burkhard Bohne (2010)
- Kräuter, Gefährten am Wegesrand S.41, Ursula Stumpf (2018)
- Kräutermärchen S.33, Folke Tegetthoff (1998)
- Kräuterzauber S.56, Dido Nitz (2012)
- Naturmedizin Heilkräuter S.108, Penelope Ody (2000)
- New Kreüterbuch Cap.XXXVII, Leonhart Fuchs (1543)
- The Bedside Book of the Garden S.220, Dr. D.G.Hessayon (2008)
- The Book of Weeds S.139, Ken Thompson (2009)
- The curious Gardeners Almanac S.98, S.100, Niall Edworhty (2006)
- Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh S.87, Christiane Freuck (2009)
- Was die Kräuterhexen sagen S.24, Maureen u. Bridget Boland (1983)
- Weeds, S.67, Richard Mabey (2010)
- Wildpflanzen auf unserem Tisch S.15, Dagmar Lánská (1990)
- Wo der Pfeffer wächst S.48, Hansjörg Küster (1987)
- Wo die wilden Pflanzen wohnen S.78, Ewald Weber (2022)
- Zauberpflanzen Hexenkräuter S.112, Gertrud Scherf (2002)
- Zeit im Garten S.15, Jürgen Dahl (1991)
- kraut&rüben 6/2007 S.54, 9/2018 S.70, 1/2021 S.55
Geschichte und Geschichten
Stickstoff. Kaum eine Pflanze gilt als so eindeutiger Anzeiger für Stickstoff wie die Große Brennnessel. Sie ist eine Kulturfolgerin, hat sich dem Menschen angeschlossen, und sich dort niedergelassen, wo er seinen Abfall entsorgt hat. Wo immer sich Stickstoff im Boden findet, dauert es nicht lange, bis die ersten zarten Pflänzchen auftauchen und sich für eine Saison zurückhaltend geben, ehe sie nach dem ersten Winter plötzlich sehr dominant auftreten und ihren Platz mit Vehemenz verteidigen. Die Große Brennnessel ist ein Wurzelunkraut. Sie schiebt bis zu Meter lange Triebe dicht unter der Erdoberfläche entlang und wer die kleine Pflanze am Ende ausreißen will, hat unerwartet den ganzen Strang in der Hand. Die Wurzeln sind zäh und dehnbar, an ihrer gelben Farbe leicht zu erkennen. Der erste Austrieb im Frühjahr hat etwas sehr lebensfrohes, schon die ersten Blätter strotzen vor Kraft. Bis in etwa dreißig Zentimeter Höhe dürfen sie wachsen, dann wird geerntet. Ob als Tee für die Frühjahrskur, als Suppe, Spinat oder Füllung für Teigtaschen, das Grün ist vielseitig verwendbar. Nach dem Rückschnitt vergehen kaum drei Wochen, schon sind die Pflanzen wieder da. Und jetzt dürfen sie wachsen. Dürfen Futter und Rückzugsort sein für diverse Insekten, dürfen zweieinhalb Meter hoch werden und blühen. Die Pflanzen sind zweihäusig, tragen entweder weibliche (hängende)oder männliche (waagerecht abstehende) Blüten. Die sind vielleicht keine Augenweide, aber auch hier sind etliche Insekten zur Stelle. Zur Bestäubung sind sie nicht notwendig, das besorgt der Wind. Die Samen sind wiederum werden von Vögeln gefressen, sind aber auch in der Küche verwendbar, grün oder ausgereift geerntet und geröstet als nussiger Geschmacksgeber in Müsli oder Gebäck. Was nicht geerntet werden soll, wird dann besser abgeschnitten, sonst wird es bald zu viel des Guten und der Garten verschwindet unter den Nesseln.
Was an Blättern und Stängeln im ersten Moment wie Haare aussieht, entpuppt sich bei leichter Berührung als effektive Waffe. Die Spitzen der Brennhaare bestehen aus Kieselsäure, die bei Hautkontakt bricht und Ameisensäure in die Haut injiziert. Bereits der zehnmillionste Teil eines Grammes reicht aus um eine Entzündung hervorzurufen. Trotz dieser schmerzhaften Reaktion gilt die Nessel als wirksames Mittel gegen Rheuma, Auspeitschungen mit den frischen Trieben gehörten in der Volksheilkunde zur Therapie. Weniger unangenehm dürfte die innere Anwendung in Form von Tee sein, der wirkt entwässernd und wird häufig als Frühjahrskur empfohlen.
Aus den langen Stängeln der Nesseln lassen sich Fasern gewinnen, aus denen der Nesselstoff hergestellt wurde. Der Name Nessel geht auf den Wortstamm ned zurück, was soviel heißt wie zusammenknüpfen.
Die Römer brachten Samen der Großen Brennnessel mit nach England, um besser mit dem feuchten, kühlen Klima fertig zu werden. Der Legende nach sollen sich die Legionäre mit Nesselruten ausgepeitscht haben, um sich zu wärmen. Misstrauische Römer tranken Wein mit Nesseln, um sich vor Vergiftungen mit gefährlichen Pflanzen zu schützen.
Kulinarisches
Brennnesselsamen-Pesto
Zutaten
- 50 g trocken geröstete Brennnesselsamen
- 1 Fleischtomate
- 1 Zwiebel
- 50 g gemahlene Nüsse (Cashewkerne, Paranüsse, Walnüsse oder ähnliches)
- 50 ml Olivenöl
- Salz
- Pfeffer
Zubereitung
- Das Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, die fein geschnittene Zwiebel darin glasig braten
- Die Tomate sehr klein schneiden und zu der Zwiebel geben, kurz mit anbraten
- Die Pfanne vom Herd nehmen, Nüsse, Nesselsamen,Salz und Pfeffer unterrühren, abkühlen lassen
- Das Pesto in ein Schraubglas füllen und mit einer dünnen Ölschicht abdecken
- Im Kühlschrank hält sich das Pesto etwa eine Woche
Brennnessel-Suppe
Zutaten
- 1 El Butter
- 500 g Kartoffeln
- 500 g junge Brennnesseln
- 1 Knoblauchzehe
- 200 ml Sahne
- 200 ml Wasser oder Gemüsebrühe
- Muskat, Salz
Zubereitung
- Butter bei milder Hitze schmelzen
- Kartoffeln schälen und in kleine Stücke schneiden, in der Butter etwa zehn Minuten anbraten
- klein geschnittenen Knoblauch kurz mit braten
- die Brennnesseln waschen, gut aussehende Blätter und Triebspitzen zu den Kartoffeln geben
- mit Sahne und Brühe (oder Wasser) angießen, Salz und frisch geriebene Muskatnuss zugeben
- aufkochen und bei milder Hitze etwa zwanzig Minuten köcheln lassen, danach pürieren
- mit einem Klecks Creme fraiche garniert servieren