Karde (Dipsacus silvestris): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Pflanzenwiki
Zeile 55: Zeile 55:
Pflanzenrosetten sind in ihrer Form etwas sehr faszinierendes. Die Blätter sind so angeordnet, dass sie die größtmögliche Menge Licht abbekommen und möglichst viele Nährstoffe in der Wurzel speichern können. Viele Rosetten bildende Pflanzen sind zweijährig, sie sammeln im ersten Jahr in einer meist rübenförmigen Wurzel Kraft für das Blütenwachstum im zweiten Jahr, verausgaben sich dann so, dass sie nach der Blüte absterben. Die Rosette der Karde kann an günstigen Standorten fast einen Quadratmeter Boden bedecken. Die langen schmal lanzettlichen Blätter sind am Rand kräftig gezähnt und auch auf den Blättern finden sich spitz zulaufende Ausbuchtungen, die sich gern demjenigen in die Haut bohren, der sie ausreißen will. Die Mittelrippe an der Unterseite des Blattes sieht aus wie eine Säge. Die Rosetten sind im Allgemeinen winterhart, frieren bei längerem Kahlfrost zurück, um im Frühjahr schnell wieder auszutreiben. Auf mageren Standorten entwickelt sich dann ein zierlicher, kaum fünfzig Zentimeter hoher Blütenstand. Konnte die Pflanze dem Boden genügend Nährstoffe entnehmen, so begnügt sie sich nicht mit solchen Halbheiten. Sie wächst in kurzer Zeit bis zweieinhalb Meter, verzweigt sich mehrfach und bildet ihre typischen, walzenförmigen Blütenstände aus. Die sind anfangs noch grün und ganz weich. Später stabilisieren sie sich und beginnen auf eigenartige Weise zu blühen, als Ring um die Mitte der Walze, der sich teilt und nach oben und unten wandert. Schmetterlinge, Hummeln und Bienen sind häufige Gäste an den kleinen blass lila Röhrenblüten. Im Spätsommer werden die Walzen starr und holzig, unzählige schmale Samen warten darauf, vom Wind aus ihrer Verankerung gerissen zu werden. Nicht nur der Wind verbreitet die Pflanze, verschiedene Finkenvögel, insbesondere der Stieglitz, wissen, dass hier Futter zu holen ist und lassen einiges an Samen fallen. Bleibt die abgestorbene Karde über Winter stehen, so bietet sie den Vögeln bis zum Frühjahr eine Futterquelle.   
Pflanzenrosetten sind in ihrer Form etwas sehr faszinierendes. Die Blätter sind so angeordnet, dass sie die größtmögliche Menge Licht abbekommen und möglichst viele Nährstoffe in der Wurzel speichern können. Viele Rosetten bildende Pflanzen sind zweijährig, sie sammeln im ersten Jahr in einer meist rübenförmigen Wurzel Kraft für das Blütenwachstum im zweiten Jahr, verausgaben sich dann so, dass sie nach der Blüte absterben. Die Rosette der Karde kann an günstigen Standorten fast einen Quadratmeter Boden bedecken. Die langen schmal lanzettlichen Blätter sind am Rand kräftig gezähnt und auch auf den Blättern finden sich spitz zulaufende Ausbuchtungen, die sich gern demjenigen in die Haut bohren, der sie ausreißen will. Die Mittelrippe an der Unterseite des Blattes sieht aus wie eine Säge. Die Rosetten sind im Allgemeinen winterhart, frieren bei längerem Kahlfrost zurück, um im Frühjahr schnell wieder auszutreiben. Auf mageren Standorten entwickelt sich dann ein zierlicher, kaum fünfzig Zentimeter hoher Blütenstand. Konnte die Pflanze dem Boden genügend Nährstoffe entnehmen, so begnügt sie sich nicht mit solchen Halbheiten. Sie wächst in kurzer Zeit bis zweieinhalb Meter, verzweigt sich mehrfach und bildet ihre typischen, walzenförmigen Blütenstände aus. Die sind anfangs noch grün und ganz weich. Später stabilisieren sie sich und beginnen auf eigenartige Weise zu blühen, als Ring um die Mitte der Walze, der sich teilt und nach oben und unten wandert. Schmetterlinge, Hummeln und Bienen sind häufige Gäste an den kleinen blass lila Röhrenblüten. Im Spätsommer werden die Walzen starr und holzig, unzählige schmale Samen warten darauf, vom Wind aus ihrer Verankerung gerissen zu werden. Nicht nur der Wind verbreitet die Pflanze, verschiedene Finkenvögel, insbesondere der Stieglitz, wissen, dass hier Futter zu holen ist und lassen einiges an Samen fallen. Bleibt die abgestorbene Karde über Winter stehen, so bietet sie den Vögeln bis zum Frühjahr eine Futterquelle.   


Eine Unterart der Wilden Karde ist die Weberkarde. Sie stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeergebiet, gelangte aber schon früh über Frankreich nach Mitteleuropa. Auch sie ist im Allgemeinen zweijährig und bildet eine grundständige Rosette, deren Blätter aber heller grün und unbewehrt sind. Die Ränder sind leicht gewellt und andeutungsweise gebuchtet oder gezähnt, immer aber weich. Der sich in die Höhe schiebende Stängel ähnelt dem der Wilden Karde, auch hier bilden sich am Grund der gegenüber stehenden Blätter Gefäße, die das Wasser auffangen. Unterschiede finden sich am eiförmigen Blütenstand, dessen spitze Kelchblätter sich hakenförmig nach außen biegen, was ihnen eine große Festigkeit verleiht. Die Blüten sind weiß bis zart lila, werden von Bienen und Hummeln besucht. Die nach der Samenreife ausgehärteten Blütenstände dienten lange Zeit zum Aufrauen von Wollgewebe. Bereits aus dem Jahr 1545 stammt ein Bild, auf dem Kardenmacher bei der Arbeit zu sehen sind. Die Samenstände wurden der Länge nach durchbohrt und auf rotierende Stangen montiert, die das Gewebe anrauten ohne die Fasern zu zerstören. Erst 1955 wurde der kommerzielle Anbau der Weberkarde aufgegeben, aber noch heute werden zum Beispiel die Bezüge von Billardtischen auf diese Weise behandelt.  
Eine Unterart der Wilden Karde ist die Weberkarde (Dipsacus sativus). Sie stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeergebiet, gelangte aber schon früh über Frankreich nach Mitteleuropa. Auch sie ist im Allgemeinen zweijährig und bildet eine grundständige Rosette, deren Blätter aber heller grün und unbewehrt sind. Die Ränder sind leicht gewellt und andeutungsweise gebuchtet oder gezähnt, immer aber weich. Der sich in die Höhe schiebende Stängel ähnelt dem der Wilden Karde, auch hier bilden sich am Grund der gegenüber stehenden Blätter Gefäße, die das Wasser auffangen. Unterschiede finden sich am eiförmigen Blütenstand, dessen spitze Kelchblätter sich hakenförmig nach außen biegen, was ihnen eine große Festigkeit verleiht. Die Blüten sind weiß bis zart lila, werden von Bienen und Hummeln besucht. Die nach der Samenreife ausgehärteten Blütenstände dienten lange Zeit zum Aufrauen von Wollgewebe. Bereits aus dem Jahr 1545 stammt ein Bild, auf dem Kardenmacher bei der Arbeit zu sehen sind. Die Samenstände wurden der Länge nach durchbohrt und auf rotierende Stangen montiert, die das Gewebe anrauten ohne die Fasern zu zerstören. Erst 1955 wurde der kommerzielle Anbau der Weberkarde aufgegeben, aber noch heute werden zum Beispiel die Bezüge von Billardtischen auf diese Weise behandelt.  






[[Category:Zweijährige]]
[[Category:Zweijährige]]

Version vom 21. März 2021, 20:58 Uhr

Weitere Namen

Karde, Sämling (17.4)
Karde, überwinternde Rosette (31.3.)
Karde, knospender Blütenstand (1.7.)
Karde, Blüte (18.7.)
Weberkarde, Blüte (18.7.)
Karde, Einzelblüten (20.7.)
Karde, Samenstand (30.10.)

Weberkarde, Weberdistel

Botanischer Name

»Dipsacus« von gr. dipsa - Durst (in den um den Stängel verwachsenen Laubblättern sammelt sich Regenwasser), »silvestris« lat. im Wald wachsend, aber auch wild wachsend (im Sinne von nicht kultiviert)

Englischer Name

Teasel

Familie

Kardengewächse, Dipsacaceae

Verbreitung

Europa, Westasien, Nordafrika

Wuchs

zweijährig, flach am Boden liegende Rosette bis 75 cm durchmessend, Blätter bis 30cm lang mit sägeartig bestachelter Mittelrippe an der Unterseite, Seitenränder ebenfalls bestachelt, Blütenstand bis über zwei Meter hoch, verzweigt, die am Stängel umfassend wachsenden kreuzgegenständigen Blätter bilden in den Achseln Wasserbehälter, deren Sinn noch nicht zweifelsfrei geklärt ist

Standort

sonnig, nahrhafter Boden

Blütezeit

(Juni), Juli, August, September

Blüte

walzenförmiger Blütenstand, unten mit einem Kranz dünner bestachelter Kelchblätter, Blüte geht als Ring von der Mitte nach oben und unten, kleine zart lila Röhrenblüten

Fruchtreife

September, Oktober

Frucht

schmale kantige Samen, werden im Winter häufig durch Nahrung suchende Vögel aus der Karde herausgeschleudert

Vermehrung

durch Aussaat, häufig durch Selbstaussaat

Frosthärte

grün überwinternde Rosette

Tierische Besucher

Bestäubung durch Hummeln, Bienen und Schmetterlinge, Samenstände werden von Finken (Stieglitz) besucht

Pflege

keine Pflege nötig, trockene Samenstände stehen lassen als Winterdekoration und Vogelfutter

Verwendbare Teile

Wurzel, wirksam bei Borreliose, zum Ansetzen einer Tinktur zerkleinerte Wurzel in 40% igem Alkohol etwa vier Wochen ausziehen lassen, schweißtreibend, magenwirksam, harntreibend

Inhaltsstoffe

Glycoside, Mineralstoffe, Kalisalze, Bitterstoffe, Tannin

Status

anwesend, Jungpflanzen vorhanden

Literatur

  • Die Kräuter in meinem Garten, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
  • Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.210, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.220, Adelbert von Chamisso (1827)
  • Kräuter, Burkhard Bohne (2010)
  • New Kreüterbuch Cap.LXXXII, Leonhart Fuchs (1543)
  • Mit Pflanzen verbunden S.142, Wolf-Dieter Storl (2005)
  • Wildpflanzen für jeden Garten S.121, Reinhard Witt (1994)
  • kraut&rüben 8/2003, 1/2018 S.53

Geschichte und Geschichten

Pflanzenrosetten sind in ihrer Form etwas sehr faszinierendes. Die Blätter sind so angeordnet, dass sie die größtmögliche Menge Licht abbekommen und möglichst viele Nährstoffe in der Wurzel speichern können. Viele Rosetten bildende Pflanzen sind zweijährig, sie sammeln im ersten Jahr in einer meist rübenförmigen Wurzel Kraft für das Blütenwachstum im zweiten Jahr, verausgaben sich dann so, dass sie nach der Blüte absterben. Die Rosette der Karde kann an günstigen Standorten fast einen Quadratmeter Boden bedecken. Die langen schmal lanzettlichen Blätter sind am Rand kräftig gezähnt und auch auf den Blättern finden sich spitz zulaufende Ausbuchtungen, die sich gern demjenigen in die Haut bohren, der sie ausreißen will. Die Mittelrippe an der Unterseite des Blattes sieht aus wie eine Säge. Die Rosetten sind im Allgemeinen winterhart, frieren bei längerem Kahlfrost zurück, um im Frühjahr schnell wieder auszutreiben. Auf mageren Standorten entwickelt sich dann ein zierlicher, kaum fünfzig Zentimeter hoher Blütenstand. Konnte die Pflanze dem Boden genügend Nährstoffe entnehmen, so begnügt sie sich nicht mit solchen Halbheiten. Sie wächst in kurzer Zeit bis zweieinhalb Meter, verzweigt sich mehrfach und bildet ihre typischen, walzenförmigen Blütenstände aus. Die sind anfangs noch grün und ganz weich. Später stabilisieren sie sich und beginnen auf eigenartige Weise zu blühen, als Ring um die Mitte der Walze, der sich teilt und nach oben und unten wandert. Schmetterlinge, Hummeln und Bienen sind häufige Gäste an den kleinen blass lila Röhrenblüten. Im Spätsommer werden die Walzen starr und holzig, unzählige schmale Samen warten darauf, vom Wind aus ihrer Verankerung gerissen zu werden. Nicht nur der Wind verbreitet die Pflanze, verschiedene Finkenvögel, insbesondere der Stieglitz, wissen, dass hier Futter zu holen ist und lassen einiges an Samen fallen. Bleibt die abgestorbene Karde über Winter stehen, so bietet sie den Vögeln bis zum Frühjahr eine Futterquelle.

Eine Unterart der Wilden Karde ist die Weberkarde (Dipsacus sativus). Sie stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeergebiet, gelangte aber schon früh über Frankreich nach Mitteleuropa. Auch sie ist im Allgemeinen zweijährig und bildet eine grundständige Rosette, deren Blätter aber heller grün und unbewehrt sind. Die Ränder sind leicht gewellt und andeutungsweise gebuchtet oder gezähnt, immer aber weich. Der sich in die Höhe schiebende Stängel ähnelt dem der Wilden Karde, auch hier bilden sich am Grund der gegenüber stehenden Blätter Gefäße, die das Wasser auffangen. Unterschiede finden sich am eiförmigen Blütenstand, dessen spitze Kelchblätter sich hakenförmig nach außen biegen, was ihnen eine große Festigkeit verleiht. Die Blüten sind weiß bis zart lila, werden von Bienen und Hummeln besucht. Die nach der Samenreife ausgehärteten Blütenstände dienten lange Zeit zum Aufrauen von Wollgewebe. Bereits aus dem Jahr 1545 stammt ein Bild, auf dem Kardenmacher bei der Arbeit zu sehen sind. Die Samenstände wurden der Länge nach durchbohrt und auf rotierende Stangen montiert, die das Gewebe anrauten ohne die Fasern zu zerstören. Erst 1955 wurde der kommerzielle Anbau der Weberkarde aufgegeben, aber noch heute werden zum Beispiel die Bezüge von Billardtischen auf diese Weise behandelt.