Gundermann (Glechoma hederacea): Unterschied zwischen den Versionen

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Gundelrebe,Grundrebe, Erdefeu, Donnerrebe, Heckenkieker
Gundelrebe,Grundrebe, Erdefeu, Donnerrebe, Heckenkieker
====Botanischer Name====
====Botanischer Name====
»Glechoma« gr. glechon - Polei-Minze, der der Gundermann ähnelt, »hederacea« efeublättrig
»Glechoma« gr. glechon - Polei-Minze, der der Gundermann ähnelt, »hederacea« efeublättrig, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778), schwedischer Naturforscher
==== Englischer Name ====
==== Englischer Name ====
Ground Ivy, Creeping Jenny
Ground Ivy, Creeping Jenny

Version vom 19. Januar 2022, 16:47 Uhr

Weitere Namen

Gundermann, Austrieb
Gundermann, Blüte
Gundermann, Blüte (15.4.)

Gundelrebe,Grundrebe, Erdefeu, Donnerrebe, Heckenkieker

Botanischer Name

»Glechoma« gr. glechon - Polei-Minze, der der Gundermann ähnelt, »hederacea« efeublättrig, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778), schwedischer Naturforscher

Englischer Name

Ground Ivy, Creeping Jenny

Familie

Lippenblütler, Lamiaceae

Verbreitung

Europa, Asien bis Japan

Wuchs

ausdauernd, bis 2 Meter lange oberirdische bewurzelnde Ausläufer bildend, Blätter rundlich gekerbt, unterseits häufig rötlich überlaufen, Blütenstand aufsteigend 10-25cm hoch, aus der Spitze des Blütenstandes bildet sich der neue Kriechspross

Standort

sonnig bis halbschattig, nahrhafter, eher feuchter Boden

Blütezeit

(Februar), März, April, (Mai)

Blüte

röhrige Lippenblüten in Quirlen angeordnet, lila, selten weiß oder rosa, sehr reich blühend, Nektarpflanze

Fruchtreife

Juni, Juli

Frucht

winziges Nüsschen

Vermehrung

durch Ausläufer

Frosthärte

grün überwinternd, nur bei lang anhaltendem Kahlfrost zurückfrierend

Tierische Gäste

die bereits im März schlüpfende Frühlings-Pelzbiene ernährt sich vom Nektar der frühen Blüten wie auch Hummeln, Schwebfliegen und einige Käferarten

Pflege

kaum Pflege nötig, eventuell dem Ausbreitungsdrang Einhalt gebieten

Verwendbare Teile

junge Blätter und Blüten als Salatzutat oder in Kräuterbutter, Tee wirkt hustenstillend und entzündungshemmend, bevor der Hopfen diese Aufgae übernahm, wurde mit Gundermann auch Bier gebraut

Inhaltsstoffe

Gerbstoffe, Flavonoide, ätherische Öle, Bitterstoffe, Harze, Saponine, Zimtsäurederivate, Sesquiterpenoide, Triterpencarbonsäuren, Zucker, Vitamin C, Kalium

Status

anwesend, rosa und blau blühende Jungpflanzen vorhanden

Literatur

  • Bienenweide und Hummelparadies S.164, Dave Goulson (2021)
  • Blumen und Kräuter, Geheimnisvolle Namen... S.86, Ulrich Völkel (2010)
  • Das Kräuterkulinarium S.16, Maiga Werner (2014)
  • Die Kräuter in meinem Garten S.217, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
  • Die Unkräuter in meinem Garten S.161, Wolf-Dieter Storl (2018)
  • Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.289, Deni Bown (1996)
  • Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.134, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
  • Essbare Landschaften S.22, Olaf Schnelle, Ralf Hiener (2003)
  • Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.166, Detlev Henschel (2002)
  • Feld- Wald- und Wiesenkochbuch S.40, Eve Marie Helm (1978)
  • Fingerkraut und Feenhandschuh S.119, Barbara Frischmuth (1999)
  • Giftpflanzen Pflanzengifte, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
  • Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.126, Heinz Görz (1987)
  • Heilkräuter und Zauberpflanzen... S.65, Wolf-Dieter Storl (1996)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.213, Adelbert von Chamisso (1827)
  • Kölbls Kräuterfibel S.124, Konrad Kölbl (1993)
  • Kräuter S.131, Burkhard Bohne (2010)
  • Kräuterzauber S.30, Dido Nitz (2012)
  • New Kreüterbuch Cap.CCCXXXVII, Leonhart Fuchs (1543)
  • Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.28, Detlev Arens (1991)
  • Von Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh, Christiane Freuck (2009)
  • Wildpflanzen auf unserem Tisch S.20, Dagmar Lánská (1990)
  • Wildpflanzen S.104, Celia Nentwig (2013)
  • Wildpflanzen für jeden Garten S.64, Reinhard Witt (1984)
  • Wo der Pfeffer wächst S.83, Hansjörg Küster (1987)
  • Zauberpflanzen Hexenkräuter S.156, Gertrud Scherf (2002)
  • Zeit im Garten S.50, Jürgen Dahl (1991)
  • kraut&rüben 6/2006, 3/2019 S.55, 1/2021 S.54

Geschichte und Geschichten

Der Gundermann ist ein eher unauffälliges Gewächs, das munter am Boden entlang seines Weges wächst und mit seinen langen Trieben in kurzer Zeit große Flächen unter seinen runden gekerbten Blättern verschwinden lassen kann. Die Blütenstände sind der einzige Teil der Pflanze, der nach oben wächst. 20 bis 25cm über den Blätterteppich erheben sich die beblätterten Stängel, an denen in Etagen ringsum die röhrigen Lippenblüten sitzen. Die Farbe variiert von fast weiß über rosa bis zu tief violett. Nur aus der Nähe ist die zarte dunklere Aderung der Blütenblätter zu sehen. Häufig summen im Frühjahr etwas hektisch wirkende Wildbienen um die Blüten herum, dabei handelt es sich um Pelzbienen, die schon im März aus ihren Lehmkokons schlüpfen. Etwas später sind auch Hummeln und Honigbienen unterwegs.

Ist die Zeit der Blüte vorbei, macht sich die Pflanze wieder auf den Weg. Wurzelt sie in nährstoffreichem, eher feuchtem Boden schiebt sie bis zu zwei Meter lange Triebe, überwächst Hindernisse wie Steine und Holzstapel, versucht, Mauern empor zu klettern. Allzu weit nach oben kommt sie nicht, kippt zur Seite weg und wandert am Boden weiter. Im englischen heißt der Gundermann Ground-Ivy, Bodenefeu. Das beschreibt ihn sehr gut, wenn seine Blätter auch eher rundlich sind. Auch der Name Gundelrebe geht in diese Richtung. Da die Triebe am Boden aufliegen verankern sie sich immer wieder mit an den Knoten entspringenden Wurzeln, holen sich frische Nährstoffe und wachsen weiter. Das geht den ganzen Sommer so und der faule Gärtner wundert sich irgendwann, wo denn all das Grünzeug herkommt. Bei all seiner Frohwüchsigkeit ist der Gundermann kein böses Unkraut. Wo er sich zu sehr ausbreitet lässt er sich leicht wieder entfernen,entweder durch Rückschnitt oder durch Ausreißen. Seine Wurzeln reichen nicht allzu tief in den Boden, an der richtigen Stelle gegriffen lässt sich der ganze Ausläufer mit einem Mal wegnehmen. Im Rasen schiebt sich die Pflanze zwischen den Gräsern hindurch, fällt erst auf, wenn sie ihre Blütenstände entwickelt. Dann bringt sie Farbe in das Gras und gerade an Stellen, wo der Rasen in eine Hecke übergeht sollte der Heckenkieker seinen Willen bekommen, überzieht er doch den Boden unter der Hecke mit seinem dichten Grün. Im Herbst verlangsamt sich das Wachstum zusehends, kommt schließlich zum Stillstand. Je nach Witterung bleiben die Blätter grün oder verfärben sich rötlich bis bräunlich, bleiben aber an der Pflanze und decken im Winter schützend den Boden zu.

Die alten Germanen betrachteten den Gundermann als Heil- und Zauberpflanze, die gegen böse Mächte hilfreich war. Als Donnerrebe war die Pflanze dem Gott Thor (Donar) zugedacht, zu kleinen Sträußen gebunden sollte sie das Haus vor Blitzschlag schützen. Auch das Vieh profitierte von der magischen Wirkung der Pflanze, in der Walpurgisnacht geschnittene Blätter unter das Futter gemischt bewahrten die Tiere das ganze Jahr vor Hexerei. Im Mittelalter galt Gundermann als sicheres Mittel, um eine Hexe zu erkennen. Wer mit einem Gundelrebenkranz auf dem Kopf in die Kirche ging, konnte sehen, welche Kirchenbesucher auf einer Mistgabel geritten kamen oder gar einen Melkeimer auf dem Kopf trugen. Allerdings war Vorsicht geboten, wenn die Hexen den Gundelrebenkranz entdeckten, erging es dem Träger schlecht.


Der Gundermann war schon in früher Zeit eine Pflanze, die vielfältig vom Menschen genutzt wurde. Der zeitige Austrieb sorgte nach dem Winter für frisches Grün in der Küche, sei es im Salat oder in der berühmten Neun-Kräuter-Soße. Bevor der Hopfen diese Aufgabe übernahm, wurde Gundermann wegen seiner Bitterstoffe zum Bierbrauen verwendet, davon zeugen noch alte Namen wie Erd- oder Gartenhopfen. Der leicht bittere, harzige Geschmack ließ und lässt sich zum Würzen verschiedener Speisen einsetzen.Der junge Frühjahrsaustrieb ist milder im Geschmack als die älteren Blätter,aber da die Pflanze bis in den Herbst hinein austreibend unterwegs ist, sind fast durchgehend junge Blätter zu finden. Blüten allerdings sind nur im Frühjahr vorhanden, ganz vereinzelt findet eine schwache Nachblüte statt. Ein paar klein geschnittene Blätter und Blüten auf dem Butterbrot- allein oder gemischt mit anderen Wildkräutern- geben dem Frühstück eine besondere Note.


Eine Pflanze mit so vielen guten Eigenschaften hat natürlich auch in der Heilkunde ihren Platz. Schon der Name leitet sich wohl von Gund, einem alten Wort für Eiter ab. Aufgelegte frische Blätter sollen die Wundheilung beschleunigen, aber auch bei Rheuma und Arthritis hilfreich sein. Ein Tee aus frischen oder getrockneten Blättern wird bei Husten mit zähem Schleim empfohlen. Da sich die ätherischen Öle der Pflanze in Wasser schlecht lösen und sehr flüchtig sind, kann die Wirkung verstärkt werden, indem das Kraut in Milch gekocht wird. Ein starker Aufguss kann bei Entzündungen der Mundschleimhaut als Spülung zum Einsatz kommen.