Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria)

Aus Pflanzenwiki

Weitere Namen

Schwalbenwurz, Austrieb (26.4.)
Schwalbenwurz, Blütenknospen (16.5.)
Schwalbenwurz, Blüte (27.5.)
Schwalbenwurz Samenkapsel (15.10.)

Weiße Schwalbenwurz, Sankt-Lorenz-Kraut, Giftwende

Botanischer Name

»Vincetoxicum« von lat. vincere - besiegen und toxicum - Gift (da die Pflanze starken Brechreiz auslöst galt sie als Gegenmittel bei Vergiftungen), »hirundinaria« von lat. hirundo - Schwalbe, Erstbeschreibung durch Friedrich Kasimir Medikus (1736-1808) deutscher Botaniker

Englischer Name

Swallows Wort

Familie

Hundsgiftgewächse, Apocynaceae

Verbreitung

Europa, in Höhenlagen bis etwa 2500m, Westasien, Nordafrika

Wuchs

ausdauernd, tief wurzelndes knotiges Rhizom, Blätter lanzettlich gegenständig bläulich grün, an offenem Standort bleibt die Pflanze staudig, wachsen ringsum höhere Pflanzen, so strecken sich die Triebe und beginnen sich linkswindend an der Vegetation hoch zu arbeiten, Höhe etwa 60-100cm

Standort

sonnig bis halbschattig, offene Wiesen

Blütezeit

Mai, Juni, Juli, August

Blüte

doldenartige Blütenstände in den Blattachseln, kleine fünfzählige rahmweiße Sternblüten bestehend aus 5 hellgrünen Kelchblättern, 5 weißen Kronblättern und einer Nebenkrone aus fünf gelblichen Blättern, sogenannte Klemmfallenblüten, bei denen der Pollen durch eine Klemmvorrichtung am Rüssel der Nektar suchenden Fliege befestigt wird, die Blüten duften mit einem leicht dumpfen Unterton

Fruchtreife

September, Oktober

Frucht

bis zu 7 cm lange balgartige Frucht, die an der Rückennaht aufreißt, eiförmige Samen mit langem Haarschopf, der sich beim Fliegen schirmartig ausbreitet, bildet nur selten Früchte aus

Vermehrung

durch Wurzelausläufer, Selbstaussaat

Frosthärte

oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart

Tierische Besucher

Bestäubung hauptsächlich durch größere Schmeiß- und Schwebfliegen die den Klemmmechanismus der Blüte betätigen können, kleinere Insekten können sich häufig nicht wieder befreien

Pflege

Rückschnitt im Frühjahr

Verwendbare Teile

in der Volksheilkunde wurde ein Tee aus den Wurzeln als schweiß- und harntreibendes Mittel eingesetzt, wegen der Giftigkeit der Pflanze wird sie heute nur noch in der Homöopathie genutzt, schon geringe Mengen der frischen Pflanze wirken brechreizerregend, früher wurden die Samenhaare als Zunder, aber auch zum Verspinnen genutzt

Inhaltsstoffe

Vincetoxin, Isochinolinalkaloide, Tylophorin, Triterpensäure, Amine, Oxasteroidglycoside, Aglykon Hirundigenin, Chlorogensäure, Sinapinsäure, Sterole

Status

anwesend

Literatur

  • Die Kräuter in meinem Garten S.503, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (1999)
  • Enzyklopädie Essbare Pflanzen S.625, Fleischhauer, Guthmann, Spiegelberger (2013)
  • Geheimnisse der Pflanzenwelt S.214, Gerd K. Müller, Christa Müller (2003)
  • Giftpflanzen Pflanzengifte S.731, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
  • Hagebutte & Co S.68, Angelika Lüttig, Juliane Kasten (2003)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.176, Adelbert von Chamisso (1827)
  • Kräuter S.211, Burkhard Bohne (2010)
  • Pflanzen des Mittelmeerraumes S.156, Andreas Bärtels (1997)

Geschichte und Geschichten

Die Schwalbenwurz ist der einzige bei uns heimische Vertreter der Familie der Schwalbenwurzgewächse. Die Pflanze wächst auf kalkhaltigen Böden im Gebirge ebenso wie an der Ostsee, wo sie auf Rügen größere Bestände bildet. Im 16. und 17. Jahrhundert war die Schwalbenwurz eine gebräuchliche Heilpflanze, die bei Atemwegserkrankungen aber auch als Abführmittel genutzt wurde. Zudem wurde sie als Gegenmittel bei Hundebissen eingesetzt, worauf der Name Hundsgiftgewächs hinweist. Besonders in der Wurzel sind aber so viele Giftstoffe versammelt, dass sich eine Selbstmedikation verbietet. Weidetiere verschmähen die Pflanze, wie es heißt, wegen ihres unangenehmen Blütenduftes. Einen durch Amine verursachten fischigen Geruch habe ich bisher nicht wahrnehmen können, eher eine leichte Bittermandel-Note.

Die Schwalbenwurz verfügt über einen eigenartigen Bestäubungsmechanismus, den nur kräftigere Insekten betätigen können. Der Pollen befindet sich in kleinen keulenartigen Gebilden, die Pollinien genannt werden. Jeweils zwei sind miteinander durch eine Klemmvorrichtung verbunden, die den Rüssel des Nektar suchenden Insekts festhält. Nur wenn es in der Lage ist, den Rüssel mitsamt den Pollinien heraus zu ziehen, kommt es wieder frei, ansonsten verendet es.