Knollenziest (Stachys sieboldii)

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Weitere Namen

Knollenziest, Austrieb (19.4.)
Knollenziest, Wuchs (25.5.)
Knollenziest, Blüte (2.10.)
Knollenziest, Blüte (1.8.)
Knollenziest, essbare Speicherknollen (14.1)
Knollenziest, Samen

Crosne, Stachys, Japanische Kartoffel, Japanziest, Chinesische Artischocke

Botanischer Name

»Stachys« möglicherweise von der indogermanischen Wurzel stengh - stechen, »sieboldii« nach dem Entdecker und Japan-Forscher Philipp Franz von Siebold (1796-1866), Erstbeschreibung durch Alexander von Bunge (1803-1890) deutsch-russischer Botaniker

Englischer Name

Chinese artichoke

Familie

Lippenblütler, Lamiaceae

Verbreitung

Japan, China, in Europa eingebürgert, 1887 gelangte die Pflanze nach Frankreich

Wuchs

Rhizome bildend, im Herbst Speicherknollen anlegend, dichte Bestände bildend, Blätter gegenständig, rau behaart, Blütenstand kaum ausgeprägt, bis 60cm hoch

Standort

halbschattig, mäßig nahrhafter Boden, je nährstoffreicher der Boden, umso mehr Speicherknollen werden angelegt

Blütezeit

Juli, August

Blüte

sehr unauffällige Blüten in Scheinähren

Fruchtreife

Frucht

nur sehr selten werden Samen ausgebildet

Vermehrung

durch Sprossknollen im Herbst,

Frosthärte

oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart

Tierische Besucher

in trockenen Sommern können Spinnmilben ein Problem werden, normalerweise bleiben die Pflanzen aber unbehelligt

Pflege

Rückschnitt im Frühjahr, für eine leichtere Ernte der Knollen empfiehlt sich die Pflanzung in in der Erde versenkten Plastiktöpfen da sich die Knollen dann am Topfboden sammeln, im Beet wachsen sie sehr weitläufig verstreut

Verwendbare Teile

Knollen im Spätherbst und Winter als Gemüse, roh, gekocht oder eingelegt verwendbar

Inhaltsstoffe

80% Wasser, 2,6% Eiweiß, 0,11% Fett, Stachyose (eine Zuckerart) Mineralstoffe (Natrium, Calcium), Inulin (für Diabetiker geeignet),

Status

anwesend, Ableger vorhanden

Literatur

  • Arche Noah Kochbuch S.58, Beate Koller, Johann Reisinger, Stefen Liewehr (2011)
  • Alte Gemüsesorten S.87, Elke Achtner-Theiss, Sabine Kumm (2015)
  • Arche Noah Kochbuch S.58, Beate Koller, Johann Reisinger, Stefan Liehwehr (2011)
  • Handbuch Samengärtnerei S.303, Andrea Heistinger (2004)
  • Homegrown Revolution S.140, James Wong (2012)
  • Von fast vergessenen Gemüsen, Kräutern und Beeren S.107, Marianna Buser, Antonia Koch (2002)
  • Wintergemüse anbauen S.124, Burkhard Bohne (2018)
  • kraut&rüben 4/2001, 12/2001, 4/2009 S.38

Geschichte und Geschichten

Der Knollenziest gehört in die zu den Lippenblütlern (Lamiaceae) gehörige Gattung Ziest. Die Mitglieder haben sich für die Blütenfarbe rosa entschieden und tragen diese mit zarter Zeichnung mal blaustichig, mal rötlich, mal blass, immer aber in dicht zusammengedrängten aufrechten Blütenständen, deren Blütenkelche beim Reifen der Samen starr werden und stechende Spitzen entwickeln. Möglicherweise bezieht sich darauf der botanische Name »Stachys«, dessen Wurzel von dem indogermanischen "stengh"-stechen hergeleitet wird. Bei vielen Mitgliedern ist das Blattwerk runzlig, durch einen leicht rauen Pelz wirkt es graugrün oder auch silbrig. Einige Mitglieder bleiben ihrem Standort treu, vergrößern nur mit der Zeit ihren Umfang, andere sind mit Wurzelausläufern unterwegs und suchen sich selber den Platz, an dem sie in Erscheinung treten wollen. Das sind dann wie bei Sumpf- oder Waldziest meist einzelne Sprosse, die hier und da zwischen anderen Pflanzen auftauchen. Sie sind nie aufdringlich, fügen sich in Staudenrabatten ein und nehmen mit weniger begünstigten Standorten vorlieb, solange diese nicht zu trocken sind.


Der Knollenziest gehört zu denen, die sich über Wurzelausläufer ausbreiten, braucht dafür aber deutlich mehr Zeit als Sumpf- oder Waldziest. Knollenziest ist eine Pflanze für Orte die irgendwo am Rande liegen und keine größere Beachtung finden. In lichtem Schatten zwischen Himbeergebüschen und nicht zu eng stehenden Sträuchern fühlt er sich sichtlich wohl. Für größere Mengen der leckeren Knollen ist natürlich auch der Anbau im Gemüsebeet möglich. Auch wenn das leicht pelzige weiche Blattwerk, das an Minzen erinnert, recht hübsch aussieht, ist die Pflanze doch sehr unauffällig. Sie wächst einfach vor sich hin, erst zart in Bodennähe dann bis zu 40cm aufstrebend. Blüten entwickelt sie in unseren Breiten nur selten und wenn, dann sind sie so unauffällig, dass sie meist übersehen werden. Im Herbst lagert die Pflanze die Nährstoffe für das nächste Jahr in kleinen Wurzelverdickungen ein. Wenn die ersten Fröste einsetzen ist sie auch schon wieder verschwunden. Ein paar dürre Stängelreste sind alles was übrig bleibt. Jetzt ist es an der Zeit, die Speicherwurzeln auszugraben und sie wie die Franzosen, als zartes Gemüse in die Küche zu holen. Die Wurzelknollen sehen mit ihren Einschnürungen ein bisschen aus wie dicke weiße Maden, aber der zarte, spargel- oder artischockenähnliche Geschmack lässt darüber hinwegsehen. Crosne de Japon nennen unsere Feinschmeckernachbarn die Wurzeln und das kommt dem Klang beim Reinbeißen in die rohen Knollen nahe. Ursprünglich stammt diese Ziest-Art aus China und Japan, wo sie Anfang der 1880er Jahre von dem großen Japan-Forscher Philipp Franz von Siebold entdeckt wurde. Der Arzt Dr. Bretschneider schickte erste Knollen von Peking nach Paris, von denen aber nur wenige die Reise überlebten. In Crosne bei Paris fanden erste Anbauversuche statt, bereits 1886 wurde die Pflanze in Gärtnereien zum Verkauf angeboten. Kochbücher erwähnen das Gemüse schon vor der Jahrhundertwende. Ende des 19. Jahrhunderts fand bereits ein großflächiger Anbau statt. Leider raffte ein Virus die Bestände um 1940 fast komplett dahin,wovon sich der Anbau nur langsam erholte. Erst seit den 1990er Jahren wächst der Knollenziest wieder häufiger auf den Feldern, hauptsächlich in Frankreich, Holland und Belgien, allerdings in kleinen Beständen. Im Supermarkt wird diese Gemüsespezialität kaum zu finden sein, was einmal damit zusammenhängt, dass die Knollen kaum lagerfähig sind, zum anderen sind Ernte und Verarbeitung sehr mühsam, um die 400 Knöllchen ergeben ein Kilo. Da die Pflanze wandert finden sich die Wurzeln in kleinen Ansammlungen weit verteilt, was die Ernte bei ungemütlichem Winterwetter erschwert. Wer Gefallen an diesem ungewöhnlichen Gemüse findet, kann auf einen Trick zurückgreifen und die Pflanzen in nicht zu große Plastiktöpfe setzen, die ebenerdig eingegraben werden. Die bis zu 30 Knollen pro Pflanze sammeln sich dann am Boden des Topfes und lassen sich leicht einsammeln. Mit frischer Erde versehen wandern einige kleine Exemplare in den Topf zurück und in die Erde, wo sie im nächsten Jahr wieder austreiben. Beim Säubern der Knollen kann eine Zahnbürste hilfreich sein, aus den Einschnürungen ist die Erde sonst schwer heraus zu bekommen. Ansonsten genügt gründliches Waschen, schälen ist auf Grund der Knollenform kaum möglich. Die Schale ist ohnehin so dünn, dass sie mitgegessen werden kann.

Crosne sind in der Küche vielseitig verwendbar. Sie enthalten keine Stärke sondern Stachyose (eine spezielle Zuckerart), zudem Calcium, Natrium, Vitamin C und Inulin, was sie für Diabetiker interessant macht. Roh sind sie sehr knackig, passen in einen (Obst)salat, lassen sich süßsauer einlegen oder gedünstet als Gemüse zubereiten. Der Geschmack der rohen Wurzeln ähnelt dem von ganz frischen Haselnüssen oder Spargel. Gekocht geht es in Richtung Artischocke, was am Besten zur Geltung kommt, wenn die Knollen nur in Butter mit etwas Zucker und Salz für kaum 10 Minuten gegart werden. Gemüse- oder Fleischbrühen erhalten ein besonderes Aroma, wenn Ziestknollen mitgekocht werden.

Kulinarisches