Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium)
Weitere Namen
Waldweidenröschen, Ziegenzucker, Staudenfeuerkraut, Unholdenkraut
Botanischer Name
»Epilobium« von gr. epi - auf und lobos - Schote, Hülse, »angustifolium« lat. angustus - schmal, eng und lat. folius - blättrig
Englischer Name
Great Willowherb, Rosebay Willowherb, Fireweed
Familie
Nachtkerzengewächse, Onagraceae
Verbreitung
zirkumpolar auf der Nordhalbkugel, in Höhenlagen bis 2500m
Wuchs
ausdauernd, Ausbreitung durch ein kräftiges Rhizom, Laubblätter wechselständig, schmal lanzettlich, Seitenränder nach unten gebogen, Stängel purpur überlaufen (auf der Sonnenseite kräftiger), Höhe etwa 1,2m, selten bis 2m
Standort
sonnige Kahlschläge, Ruderalstandorte, gerne auf lehmigem Grund
Blütezeit
Juni, Juli, August, September
Blüte
traubiger Blütenstand, 4 dunklere, schmale Kelchblätter, 4 hellere Kronblätter, von unten nach oben aufblühend, Knospen, Blüten und Samenstände gleichzeitig vorhanden, relativ lange Blütezeit
Fruchtreife
Juli, August, September, Oktober
Frucht
schmale Kapsel, die von der Spitze her aufspringt und kleine Samen mit langen seidigen Flughaaren freigibt, pro Pflanze können mehr als 100000 Samen produziert werden
Vermehrung
vegetativ durch Wurzelausläufer, Selbstaussaat (die Samen können bis zu 10km weit fliegen), Aussaat im Spätsommer im Freiland, Keimdauer 10-14 Tage
Frosthärte
oberirdisch absterbend, Rhizom frosthart
Tierische Besucher
Bestäubung durch Hummeln und Bienen
Pflege
Rückschnitt im Spätwinter, auf offenem Gelände kann die Pflanze sich invasiv ausbreiten
Verwendbare Teile
junge Pflanzenteile als Gemüse, Wurzeln als Gemüse oder geröstet als Kaffeeersatz, die Ureinwohner Nordamerikas nutzten die Samenhaare als Kerzendochte und fertigten Schnüre daraus, das weiche Material eignet sich als Kissenfüllung, in Russland wurde (und wird) die Pflanze als Teekraut verwendet, teilweise wie Schwarztee fermentiert
Inhaltsstoffe
Flavonoide (Myricetin, Quertecin), Beta-Sitosterin, Anthocyane, Oenothein B (immunmodelierende Wirkung)
Status
anwesend
Literatur
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.188, Fleischhauer, Guthmann, Spiegelberger (2013)
- Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.149, Adelbert von Chamisso (1827)
Geschichte und Geschichten
Eine Pflanze die sofort Erinnerungen hervorruft an Reisen ins Sauerland, wo sie allgegenwärtig und unter dem Namen Ziegenzucker bekannt ist. Sie wächst dort auf Waldlichtungen, Kahlschlägen und anderweitig aufgebrochenem Boden, bildet dichte Bestände, die im Hochsommer weithin sichtbar sind. Beim Näherkommen ist lautes Summen zu vernehmen, das Schmalblättrige Weidenröschen ist immer von Hummeln und Bienen belagert. Die langen Stängel geben vielen Blüten Raum, während unten schon die ersten Samen reifen, öffnet sich im oberen Bereich weiter Knospe um Knospe. Pro Pflanze können am Ende mehr als hunderttausend Samen gebildet werden, die mit außergewöhnlich effektiven Flugschirmchen ausgestattet sind und bis zu zehn Kilometer weit fliegen können. Kein Wunder, dass sich die Pflanzen auf offenem Boden invasiv ausbreiten können. Hat sich der Sämling erstmal etabliert, schickt er seine Wurzeln auf die Reise, um über Ausläufer weiteres Terrain zu sichern. Imker freuen sich darüber, da die Blüten viel Nektar enthalten und einen aromatischen Honig abgeben. In Russland wurde die Pflanze großflächig angebaut und als Teekraut verwendet, teilweise auch wie Schwarztee fermentiert. In Nordamerika wurden die Samenhaare vielfältig genutzt, als Kerzendocht, Kissenfüllung oder zur Herstellung von Schnüren und Decken. Die Erstbeschreibung der Pflanze erfolgte 1753 durch Carl von Linné.