Gewöhnlicher Reiherschnabel (Erodium cicutarium)
Weitere Namen
Schierlingsblättriger Reiherschnabel
Botanischer Name
»Erodium« von gr. erodios - Reiher, »cicutarium« von lat. cicuta - Gefleckter Schierling, Herkunft ungeklärt, schon vor Linné in Gebrauch, möglicherweise wegen der Ähnlichkeit der Blätter, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Heronsbill
Familie
Storchschnabelgewächse, Geraniaceae
Verbreitung
weltweit auf Brachland und Binnendünen, Sandzeigepflanze
Wuchs
ein- bis zweijährige weich behaarte Rosette mit paarig doppelt gefiederten Blättern etwa 20cm hoch, Blütenstand bis 30cm hoch, verschwindet meist im Herbst, im Spätsommer gekeimte Pflanzen überwintern gelegentlich grün, können dann recht umfangreich werden, blühen früher und wesentlich üppiger, an mageren trockenen Standorten liegen die Rosetten flach auf dem Boden auf
Standort
sonnig, normaler Gartenboden
Blütezeit
(April), Mai, Juni, Juli, August, (September)
Blüte
doldenartiger Blütenstand mit meist 7 Blüten, Kelchblätter außen weich borstig behaart, leicht asymmetrische fünfzählige rosa Einzelblüten, die oberen beiden Kronblätter zeigen eine dunkle Markierung, die Blüten schließen sich am Abend und bei Regenwetter, Samenbildung hauptsächlich durch Selbstbestäubung, nach der Blüte neigen sich die halb geschlossenen Hüllblätter zunächst nach unten während im Innern die Samen wachsen, die fertigen »Schnäbel« stehen aufrecht
Fruchtreife
August, September
Frucht
die Blütenstielchen knicken am Ausgangspunkt der Dolde nach unten ab, die langen zugespitzten (Reiher-) Schnäbel zeigen nach oben, 3-5 Samenkammern mit je einem kleinen rundlichen Samen
Vermehrung
durch Selbstaussaat, die Grannen der Teilfrüchte rollen sich bei Trockenheit spiralig auf, strecken sich bei Feuchtigkeit und bohren sich so in die Erde
Frosthärte
Samen frosthart, gelegentlich überwintern im Spätsommer gewachsene Pflanzen als flach aufliegende Rosette
Tierische Besucher
Bestäubung durch Bienen, Hummeln aber auch kleine Käfer
Pflege
keine Pflege nötig
Verwendbare Teile
junge Pflanzenteile als Salatzutat
Inhaltsstoffe
Gerbstoffe, Gallussäure, Flavonoide, ätherische Öle, Zucker, Fruchtsäuren, geringe Mengen Koffein
Status
anwesend
Literatur
- A Contemplation upon Flowers S.162, Bobby J. Ward (1999)
- Das kleine Buch der Botanischen Wunder S.68, Ewald Weber (2012)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.402, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Geheimnisse der Pflanzenwelt S.180, Gerd K.Müller, Christa Müller (2003)
- Pflanzenrevolution S.96, Stefano Mancuso (2017)
Geschichte und Geschichten
Die Sämlinge des Reiherschnabels sind so klein und unauffällig, dass sie meist schon als Unkraut ausgerissen werden, bevor sie sich zu erkennen geben. Das ist schade, denn dieses zarte Storchschnabelgewächs sollte hier und da im Garten stehen bleiben, und sei es nur wegen der "Schnäbel". Das Blattwerk ist sehr weich und sobald die Pflanze etwas größer ist, wird die ganz eigene feine Fiederung sichtbar. Je nahrhafter der Boden, desto üppiger breitet sich die kleine lockere Rosette aus. Der Blütenstand ist doldenartig aufgebaut und die fünfzähligen Blüten leuchten rosa mit einer feinen Aderung. Die storchschnabeltypischen Fruchtstände sind beim Reiherschnabel im Verhältnis zur Blütengröße ungewöhnlich lang, was ihnen wohl den Namen eingebracht hat. Sobald sie abgetrocknet sind öffnen sie sich explosionsartig und schießen den rundlichen Samen ein ganzes Stück weit weg von der Mutterpflanze. Dieser Mechanismus lässt sich bei reifen Samenständen mit einem Zahnstocher auslösen, der leicht auf den Schnittpunkt der Früchte gedrückt wird. Der Same hängt an einer Granne, die sich bei Trockenheit spiralig aufrollt und bei Feuchtigkeit streckt. Mit dieser Technik kann er sich ein Stück von der Mutterpflanze entfernen und sich in die Erde bohren. Bei milder Witterung keimen einige Samen bereits im Herbst, gelegentlich erscheinen im November noch einzelne Blüten, die meisten Samen warten bis zum nächsten Frühjahr und bleiben hoffentlich am Leben, um weitere Reiherschnäbel hervor zu bringen. Bleibt der Winter mild, so überleben einige Rosetten dicht an den Boden geschmiegt. Die haben im Frühjahr einen guten Vorsprung, blühen und fruchten häufig schon im April.
Der Reiherschnabel verträgt einen recht hohen Salzgehalt im Boden, ist daher recht häufig an der Ostseeküste zu finden, wo er am Rand von Weißdünen große, sehr kräftige Rosetten bildet. Die Stängel der Blüten sind meist deutlich kürzer als im Binnenland, um den ständigen Winden Stand zu halten.