Ackerglockenblume (Campanula rapunculoides)
Weitere Namen
Rapunzel-Glockenblume
Botanischer Name
»Campanula« lat. campana - Glocke, »rapunculoides« kleine Wurzel,von lat. rapa, rapum - weiße Rübe, Erstbeschreibung durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Creeping Bellflower
Familie
Glockenblumengewächse, Campanulaceae
Verbreitung
Wuchs
flach kriechendes Rhizom mit tiefen, erst 10cm unter der Erde beginnenden rübenförmigen Senkwurzeln (schwer zu entfernen), sehr ausbreitungsfreudig, Blätter flach am Boden ausgebreitet, langgezogen herzförmig, Rand gezähnt, Blütenstand bis 70cm hoch
Standort
sonnig bis halbschattig, normaler, eher magerer Boden
Blütezeit
Juni, Juli, (August)
Blüte
hoher einseitwendiger, meist unverzweigter Blütenstand mit etwa 2cm großen hell violetten fünfzipfeligen, hängenden Glocken
Fruchtreife
September, Oktober
Frucht
mehrfächerige, nickende Porenkapsel, die Samen werden durch Wind und vorbei streifende Tiere heraus geschüttelt, Kapsel zerfällt im Spätsommer
Vermehrung
durch Aussaat oder Teilung (eigentlich nicht nötig da sehr dominant, verdrängt schwächer wurzelnde Pflanzen)
Frosthärte
Blütenstand absterbend, Blätter teilweise grün überwinternd Wurzel frosthart
Tierische Besucher
Bestäubung durch Hummeln und Bienen
Pflege
Samenstände rechtzeitig abschneiden, wenn sich die Pflanze nicht weiter ausbreiten soll
Verwendbare Teile
die in 10cm Tiefe beginnenden Rübenwurzeln lassen sich während der Herbst- und Wintermonate als Gemüse verwerten, Blüten und junge Blätter als Salatzutat
Inhaltsstoffe
Vitamin C, Inulin
Status
anwesend, Ableger vorhanden
Literatur
- Alte Gemüsesorten S.107, Elke Achtner-Theiss, Sabine Kumm (2015)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.325, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Nutzpflanzen in Deutschland S.446, Udelgard Körber-Grohne (1987)
- Süchtig nach Grün S.169, Renate Hücking (2007)
- Wildpflanzen für jeden Garten S.120, Reinhard Witt (1994)
- kraut&rüben 8/1994, 6/2020 S.7
Geschichte und Geschichten
Die Ackerglockenblume ist ein frohwüchsiger Geselle, um nicht zu sagen, sie neigt zum Wuchern. Hat sie sich mit ihrem Standort angefreundet, so schiebt sie ein eher zartes Wurzelgeflecht in den Boden. Erst in einer Tiefe von 15 - 25cm bildet sich die rübenförmige Senkwurzel, die es schwierig macht, die Pflanze wieder los zu werden, wenn sie sich zwischen andere Stauden gesetzt hat. Mit den Jahren wird die Wurzel immer umfangreicher, bildet einen dicken Klumpen aus verschlungenen Rüben, die sich bis 50cm tief in die Erde bohren. Entsprechend gut kann die Pflanze sich auch in trockenen Lagen mit Wasser versorgen, der märkische Sandboden schreckt sie nicht. im Frühjahr erscheinen zunächst die mattgrünen breit lanzettlichen Blätter die nur knapp 15cm hoch werden und einen geschlossenen Teppich bilden. Die Blütenstände werden bis zu einem Meter hoch, je nach Alter der Pflanze und Nährstoffangebot. Von unten nach oben öffnen sich die zart violetten Glocken an den gut windfesten Stängeln. Sobald die ersten Blüten offen sind, werden sie von Hummeln angeflogen, die fast vollständig in der Glocke verschwinden, um an den tief im Innern befindlichen Nektar zu gelangen. Sie sind die Hauptbestäuber der Ackerglockenblume. Wiederum von unten nach oben welken die Blüten und nachdem sie abgefallen sind, bleiben kleine glockenförmige Samenstände übrig, deren papierdünne Trennwände spätestens im Herbst zerfallen und nur ein zartes Skelett zurücklassen. Die Samen sind dann bereits ausgefallen und im nächsten Frühjahr sprießen neue Pflänzchen. Die meisten Blätter verschwinden in der dunklen Jahreszeit, so dass der Standort der Pflanze kaum noch auszumachen ist. Unter der Erde sind die Rüben jetzt mit den Nährstoffen des Sommers gefüllt und wer will, kann zu große Bestände ausgraben und die dicken Wurzeln als Gemüse verwenden. In der Schweiz, in England und Frankreich waren die Rüben noch im letzten Jahrhundert ein gebräuchliches Gemüse, wobei die Wurzeln auch roh, wie Rettich gegessen wurden. Die heute anzutreffenden Wildbestände gehen vermutlich auf gezielten Anbau der Pflanzen zurück.