Wegwarte (Cichorium intybus)

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Weitere Namen
Wegwarte, Blütenknospen (23.6.)
Wegwarte, Blüte, 28.6.)
Wegwarte, Samen

Sonnenwedel, Wegeleuchte, Zichorie

Botanischer Name

»Cichorium« von gr.kio - ich und chorion - Feld, »intybus« lat. in und tubus(Röhre) wegen der hohlen Stängel, Erstbeschreibung durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher

Englischer Name

Chicory, Wild Succory

Familie

Korbblütler, Asteraceae

Verbreitung

Europa bis nach Zentralasien, Nordafrika, in Höhenlagen bis 1500m

Wuchs

kurzlebig ausdauernd, kräftige Pfahlwurzel, Blattrosette flach aufliegend, Laubblatt lang und schmal, fiederschnittig und am Rand gesägt, sparrig verästelter Blütenstand bis 1,5m hoch, die ganze Pflanze führt weißen Milchsaft, erste Blüten frühestens im zweiten Jahr

Standort

sonnig, nährstoffreiche Böden, Wiesen und Wegränder

Blütezeit

(Juni), Juli, August, September, Oktober

Blüte

kleines kurzstieliges oder sitzendes Körbchen mit schmalen blauen (selten rosa oder weißen) Zungenblüten, die Blüten schließen sich am frühen Nachmittag

Fruchtreife

August, September, Oktober, November

Frucht

2-3mm lange schmale Achäne ohne flugfähigen Pappus, der ist nur durch kleine Schuppen angedeutet

Vermehrung

Aussaat im Frühjahr, Selbstaussaat, Wurzelteilung

Frosthärte

frosthart, Rosetten überwintern meist grün, frieren nur bei anhaltendem Kahlfrost zurück

Tierische Besucher

Bestäubung durch Bienen und Hummeln

Pflege

kaum Pflege nötig, eventuell hochbinden, wenn die Blütenstände zu sehr auseinander fallen

Verwendbare Teile

getrocknete zerkleinerte Wurzel als Kaffee-Ersatz, die in Wurzel und Kraut enthaltenen Bitterstoffe regen Magen und Galle an

Inhaltsstoffe

in der Wurzel bis zu 15% Inulin, Gerbstoffe, Sesquiterpenlactone (Bitterstoffe), Lacticin, Lactucopikrin, Cumarine (Umbelliferon), Kalium

Status

anwesend

Literatur
  • Blumen und Kräuter, geheimnisvolle Namen... S.198, Ulrich Völkel (2010)
  • Die Kräuter in meinem Garten S.591, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger
  • Jungfer im Grünen und Tausendgüldenkraut, Vom Zauber alter Pflanzennamen S.41, Rosemarie Gebauer (2015)
  • Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.196, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (Hrsg.) (2008)
  • kraut&rüben 8/2003 S.16
Geschichte und Geschichten

Chicorée, Radicchio und Endivie, Pflanzen die wir aus der Küche kennen, sind Kulturformen der Wegwarte und wenn sie im Garten blühen dürfen, sind ihre Blüten genauso herrlich blau wie die der Wildform. Normalerweise werden sie aber gegessen lange bevor sie blühen. Die Wegwarte selbst wird selten als Gemüse geerntet, obwohl das durchaus möglich wäre. Sie breitet ihre Blattrosette am Wegrand aus oder inmitten einer Wiese und wächst dort unbeachtet vor sich hin. Irgendwann im Sommer aber, Ende Juni oder Anfang Juli öffnen sich an bis zu gut einem Meter hohen verzweigten Stängeln die ersten Blüten und die sind so blau wie der Sommerhimmel. Sie bestehen nur aus Zungenblüten, die aus einem kleinen Körbchen herauswachsen, öffnen sich am frühen Morgen und schließen sich am frühen Nachmittag. Abends ist nichts mehr zu sehen von der Farbigkeit. Bestäubende Insekten wie zum Beispiel die Hosenbiene müssen ihren Zeitplan danach ausrichten. Den ganzen Sommer und bis in den Oktober hinein erscheinen täglich neue Blüten, während sich aus den bestäubten schmale kleine Samen entwickeln, die wenn sie reif sind ausfallen und in der Umgebung keimen.

Wann die Wegwarte ihren Weg über die Alpen ins nördliche Mitteleuropa fand, ist nicht genau bekannt, auch ist unklar, ob bei Ausgrabungen gefundene Samen der Wildform oder einer Kulturvariante zuzuordnen sind. Es wird davon ausgegangen, dass die Wildform als Heil- und Zauberpflanze verwendet wurde und weniger als Gemüse. Die alten Germanen hielten viel von der Zauberkraft, sollte die Pflanze doch unverwundbar machen, womöglich sogar unsichtbar. Legenden ranken sich um die blaue Blume, soll sie doch eine verzauberte Prinzessin sein, die am Wegesrand vergeblich auf ihren Liebsten wartet.

Schon um 1600 soll in Italien ein Getränk aus der gerösteten Wurzel bekannt gewesen sein. in Deutschland wurde der Blümchenkaffee wohl 1722 »erfunden«. Unter Karl dem Großen wurde der Wegwarten-Anbau stark gefördert, um die Kosten für den teuren Bohnenkaffee zu sparen. Die im Rheinland gebräuchliche Bezeichnung »Muckefuck« leitet sich vom französischen »Mocca faux« (falscher Kaffee) ab.