Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata)
Weitere Namen
Knoblauchhederich, Lauchkraut, Knoblauchkraut
Botanischer Name
»Alliaria« - Lauchkraut, »petiolata« von peciolus kleiner Fuß / Obststiel, weist auf die gestielten Blätter hin
Englischer Name
Garlic Mustard, Jack-by-the-Hedge
Familie
Kreuzblütler, Cruciferae
Verbreitung
Europa, Asien, Nordamerika
Wuchs
überwinternde Blattrosette, bis 10cm hoch, Blüte im zweiten Standjahr, bis zu 1m hoch, nach Samenreife absterbend
Standort
sonnig bis halbschattig auf nährstoffreichen Böden, magerer Wuchs auf nährstoffarmen Böden
Blütezeit
Mai, Juni
Blüte
kreuzförmige, weiße Einzelblüten an sich während der Blüte verlängerndem Blütenstand, Bestäubung durch Insekten, Selbsbestäubung möglich
Fruchtreife
August, September
Frucht
bis 7cm lange, aufrecht stehende Schoten, bei Reife hellbraun, Samen schwarz
Vermehrung
Selbstaussaat
Frosthärte
grün überwinternde Rosette, bei längerem Kahlfrost zurückfrierend, Wurzel frosthart
Tierische Gäste
Bienen, Fliegen, Schwebfliegen, Käfer, Futterpflanze für die Raupen des Aurorafalters
Pflege
keine
Verwendbare Teile
Blätter für Pesto oder Salat als Knoblauchersatz (riecht nicht...), nur frisch verwendbar, Samen zur Herstellung von Senf (der Geschmack ist etwas fragwürdig...), entzündungshemmend, schleimlösend, juckreizstillend bei Mückenstichen, antiseptisch
Inhaltsstoffe
Senfölglycoside, Saponin, ätherische Öle, Sinigrin (zuständig für den Knoblauchduft und -geschmack), Karotin, Minealstoffe
Status
anwesend
Literatur
- Das Kräuterkulinarium S.20, Maiga Werner (2014)
- Delikatessen aus Unkräutern S.154, Graupe, Koller
- Die Kräuter in meinem Garten S.310, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
- Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.233, Deni Bown (1995)
- Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.46, Detlev Henschel (2002)
- Hagebutte & Co. S.88, Angelika Lüttig, Juliane Kasten (2003)
- Köstliches aus dem Garten S.216, Marion Nickig, Heide Rau (2005)
- Kräuter S.99, Burkhard Bohne (2010)
- Neue Nachrichten aus dem Garten S.17, Jürgen Dahl (1987)
- Wildpflanzen S.34, Celia Nentwig (2013)
- Wo der Pfeffer wächst S.108, Hansjörg Küster (1987)
- kraut&rüben 3/2007
Geschichten und Geschichte
Im Mai blüht in Hecken und am Waldrand ein Kraut, das beim Zerreiben deutlich nach Knoblauch riecht, aber ganz und gar nicht so aussieht. Da sie keine großen Ansprüche an ihren Standort stellt, ist die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) auch heute noch eine recht häufig anzutreffende Pflanze, die in allen gemäßigten Zonen Europas bis zum Ural vorkommt und das Flachland ebenso besiedelt wie Höhen von bis zu 1700 Metern. Sie gehört wie unsere Kohlgewächse in die Familie der Kreuzblütler. Besonders an feuchten, nährstoffreichen Stellen im Halbschatten bildet sie größere Bestände. Außerhalb der Blütezeit fällt sie kaum auf und ihre Bedeutung als Gewürz hat sie fast völlig eingebüßt. Das war in früheren Zeiten anders. Da wurde die Knoblauchsrauke im Garten gezogen, um sie für die Küche zur Stelle zu haben. In England wurde sie als Gewürz für Sandwiches empfohlen. Die im Allgemeinen zweijährige Pflanze sät sich freigiebig aus, wenn sie einen Standort erstmal erobert hat. Ihre leicht gezähnten fast runden Blätter wachsen fast das ganze Jahr über. Im Frühherbst keimen die Samen des Sommers, die ersten zarten Blätter sind im Aroma angenehm mild. Mit seiner rübenartigen fast weißen Wurzel dringt der Knoblauchhederich schnell tief ins Erdreich ein und verankert sich so gut, dass ausgewachsene Pflanzen kaum noch von Hand heraus zu reißen sind. Im Garten macht das nicht viel aus, da die Pflanze nach der Samenreife abstirbt. Spätestens dann lässt sie sich leicht entfernen. Zunächst aber muss ein Winter überstanden werden. Eng an den Boden geschmiegt übersteht die Knoblauchsrauke die kalte Zeit. Ihre Blätter haben jetzt eine so dunkle Färbung, dass sie sich kaum von der Erde abheben. Die äußeren Blätter der Rosette sind lang gestielt, die inneren sitzen direkt um das Herz der Pflanze. So können sie das wenige Licht der dunklen Jahreszeit optimal ausnutzen ohne sich gegenseitig zu überlappen. Solange Schnee liegt oder die Temperaturen nicht allzu weit absinken, passiert ihr nichts, sie kann sogar beerntet werden, auch wenn der Geschmack zu wünschen übrig lässt. Längere Kahlfrostperioden schaden ihr genauso wie allen anderen Pflanzen, die Wurzel bleibt aber intakt. Sobald die Tage länger werden, setzt zunächst das Blattwachstum wieder ein, wenig später schieben sich sich je nach Nährstoffangebot einer oder mehrere Triebe in die Höhe. Während die Blätter der Rosette rund bleiben, werden die am Blütenstand mehr dreieckig und spitz zulaufend, mit stark gezähnten Rändern. Die ersten weißen Kreuzblüten sitzen noch direkt auf den Laubblättern auf, aber der Stängel schiebt sich schnell bis zu einem guten Meter in die Höhe. Während oben noch Blüten zu finden sind, entwickeln sich unten schon die aufrecht stehenden Schoten. Die Pflanze wirkt jetzt sparrig, bildet keine neuen Blätter mehr, die noch vorhandenen sterben ab. Die abtrocknenden Samenstände stehen schräg ab. Sie verlieren zunächst die Außenhülle, während die Samen noch an der Innenwand hängen bleiben und auf günstige Bedingungen warten. Durch vorbeistreifende Tiere oder kräftigen Wind werden die schwarzen, länglichen Samen bereits im Juli rund um die Mutterpflanze verteilt. Bei feuchter Witterung verschleimen die Samen, bleiben dann im Fell der Tiere hängen und lassen sich weiter weg tragen. Der Lebenszyklus ist damit beendet, aber die Nachkommenschaft ist reichhaltig und schon ab August sind überall Sämlinge zu finden.
Die Knoblauchsrauke gehört zu den ältesten heimischen Gewürzpflanzen. Archäologische Samenfunde in Ortschaften an der Ostsee lassen sich bis auf etwa 4000 Jahre vor unserer Zeitrechnung zurückdatieren. Schon damals wurden Pflanzen ihres Aromas wegen gesammelt. Mit dem wieder erwachenden Interesse an wilden Kräutern in der Küche kommt auch die Knoblauchsrauke erneut zu Ehren. Besonders im Frühjahr beleben die Inhaltsstoffe nicht züchterisch bearbeiteter Pflanzen die Lebensgeister. Ob als Frühjahrskur oder schlicht aus Interesse an ungewohnten Geschmacksnuancen, viele in Vergessenheit geratene Pflanzen lassen sich gewinnbringend in der Küche einsetzen. Die Knoblauchsrauke ist ein so leicht zu findendes Kraut, dass sie sich für einen Einstieg geradezu anbietet. Durch ihren Geruch lässt sie sich auch kaum mit anderen Pflanzen verwechseln. Wem die Ernte am Wegesrand nicht behagt, der nimmt sich im Spätsommer beim Spaziergang einen Samenstand mit nach Hause und streut das Saatgut an einen nicht allzu trockenen Platz im Garten. Im Herbst können die ersten Blätter geerntet werden und wenn einige Pflanzen im nächsten Jahr blühen dürfen sollte nie wieder Mangel herrschen. Für das Knoblaucharoma der Blätter ist das Senfölglycosid Sinigrin verantwortlich, das auch in anderen Kohlgewächsen vorkommt. Weitere Inhaltsstoffe sind ätherische Öle, Saponine, Mineralien und Vitamine. Ein paar Blätter im Salat verleihen diesem ein dezentes Knoblauchsaroma, ohne dass sich der gefürchtete Mundgeruch einstellt. Der gleiche Effekt macht sich in Kräuterquark, Pesto oder Kräuterbutter bemerkbar. Zum Kochen allerdings ist die Knoblauchsrauke nicht geeignet, dann verliert sie ihr typisches Aroma. Im Herbst lässt sich auch die Wurzel als Gewürz ähnlich wie Meerrettich verwenden, fein geschnitten in Kartoffelgerichten oder Aufläufen. Die Samen können wie Senf eingesetzt werden, haben allerdings ein derberes Aroma.
In der Volksheilkunde gilt die Knoblauchsrauke als entzündungshemmend, Tee aus den frischen Blättern lässt sich für Umschläge verwenden. Auch eine harntreibende und blutreinigende Wirkung wird ihm nachgesagt. Getrocknet verliert das Kraut seine positive Wirkung, was aber kein Problem darstellen sollte, da die Pflanzen rund um das Jahr grün sind.
Kulinarisches
Knoblauchsrauken-Pesto
Zutaten
- 100g junge Blätter der Knoblauchsrauke
- 4 große Blätter Sauerampfer
- 4 Blätter ausdauernde Gartenkresse
- 50g gehäutete Mandeln
- Olivenöl
- Salz
Zubereitung
- Alle festen Zutaten in ein hohes Gefäß geben
- Olivenöl zugießen und alles mit dem Pürierstab zu einer gleichmäßigen Masse verarbeiten
- Das Pesto in ein Schraubglas füllen, mit einer dünnen Schicht Olivenöl abdecken
- Knoblauchsraukenpesto ist im Kühlschrank etwa 2-3 Wochen haltbar