Helgoländer Wildkohl (Brassica oleracea ssp. oleracea)

Aus Pflanzenwiki
Version vom 23. Dezember 2023, 15:01 Uhr von Susanna (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Weitere Namen

Helgoländer Wildkohl, Sämling (13.4.)
Helgoländer Wildkohl, überwinterte Pflanze (31.1.)
Helgoländer Wildkohl, Blüte (20.5.)
Helgoländer Wildkohl, Blüte (21.5)
Helgoländer Wildkohl, Einzelblüte (1.5.)
Helgoländer Wildkohl, Samen

Klippenkohl

Botanischer Name

»Brassica« lat. Kohl, »oleracea« lat. oleraceus - kohlartig

Englischer Name

Familie

Kreuzblütler, Brassicaceae

Verbreitung

Wildvorkommen auf Helgoland und an einigen Stellen des Atlantik

Wuchs

ausdauernd, kräftige, verzweigte tiefreichende helle Wurzeln, im ersten Jahr große kräftige Blattrosette auf verholzendem Stamm, Blätter mit leicht bis kräftig gewelltem Rand, von einer dünnen wachsartigen Schicht überzogen, Blattfarbe variiert von hell grün bis fast violett, ab dem zweiten Jahr typische Kohlblüten auf verzweigtem, über einen Meter hohem Blütenstand, ein Teil der Pflanzen stirbt nach der Samenreife ab, andere treiben im unteren Bereich neu aus

Standort

sonnig bis halbschattig, je nahrhafter der Boden, desto größer die Pflanze

Blütezeit

Mai, Juni, Juli

Blüte

bis 1,5m hoher, stark verzweigter Blütenstand, vierzählige gelbe Blüten mit länglich abgerundeten Kronblättern

Fruchtreife

August, September

Frucht

langgezogene, spitz zulaufende Schote mit runden Samen in unterschiedlichen Brauntönen

Vermehrung

durch Aussaat, häufig Selbstaussaat wenn die Samenstände an der Pflanze ausreifen dürfen

Frosthärte

frosthart, bleibt normalerweise grün, lang andauernder Kahlfrost kann die Pflanze schädigen, meist treibt sie aber wieder aus

Tierische Besucher

Bestäubung durch Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, kleine Käfer, Schmetterlinge, gelegentlich Befall durch Kohlläuse oder Kohlweißlingsraupen

Pflege

die Pflanzen sind sehr pflegeleicht, im Frühjahr eventuell kaputte Blätter entfernen, wo Sämlinge auftauchen, können sie zunächst im Topf kultiviert und später ausgepflanzt werden

Verwendbare Teile

Blätter und junge Blütenknospen sowie junge Samenschoten als Gemüse

Inhaltsstoffe

Vitamine, Mineralien (Folsäure, Beta-Carotine, Kalium, Calcium, Eisen), Anthocyane

Status

anwesend, Jungpflanzen und Saatgut vorhanden

Literatur

  • Alte Gemüse neu entdeckt S.79, Joachim Mayer (2018)
  • Das Naturbuch für Neugierige S.25, Loki Schmidt (2010)
  • Der neugierige Gärtner S.24, Jürgen Dahl (1998)
  • Die Weltgeschichte der Pflanzen S.46, Wolfgang Seidel (2012)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.42, Adelbert von Chamisso (1827)
  • New Kreüterbuch Cap.CLVIII, Leonhart Fuchs (1543)
  • Nutzpflanzen in Deutschland S.185, Udelgard Körber-Grohne (1987)
  • Pflanzenwurzeln S.74, M.Sobotik, R.K.Eberwein, G.Bodner, R.Stangl, W.Loiskandl (2020)
  • Wintergemüse anbauen S.144, Burkhard Bohne (2018)

Geschichte und Geschichten

Der Helgoländer Wildkohl gilt als der Vorfahre unserer heute gebräuchlichen Kohlarten. Das letzte Vorkommen der Pflanze in Deutschland befindet sich auf Helgoland, wo der Kohl in größeren Beständen an den Steilhängen der roten Sandsteinfelsen und im darunter liegenden Verwitterungsboden wächst. Weitere Vorkommen gibt es an der englischen Südküste und am Atlantik bis hinunter nach Spanien. Im Garten ist die Pflanze leicht aus Samen zu ziehen. Da sie ausdauernd ist, braucht sie einen Platz, an dem sie eine Weile stehen bleiben kann. Im ersten Jahr bildet der Kohl eine kräftige Blattrosette auf einem etwa fünfzig Zentimeter hohen Stamm. Der verholzt nach einiger Zeit mehr oder weniger stark. Sobald genügend Blätter vorhanden sind, kann geerntet werden. Soll die Pflanze weiter wachsen, muss das Herz stehen bleiben. Auch wenn die Pflanzen alle aussehen wie Blattkohl, gibt es doch Unterschiede, die auf die im Genom des Wildkohls angelegten Möglichkeiten hindeuten. Die Farbe variiert von zartem hellgrün über dunkelgrün bis hin zu lila Tönen. Auch die Blattform weist Unterschiede auf, manche sind zart gebaut und ganz glatt, andere sind groß und derb oder sogar am Rand gekraust ähnlich wie Grünkohl. Im Herbst verlangsamt sich das Wachstum, die Blätter bekommen eine festere Konsistenz. So gewappnet geht der Wildkohl in den Winter, lässt sich vom Frost kaum beeindrucken. Sobald es im Frühjahr etwas milder wird, erscheinen junge zarte Blätter, die besonders lecker sind. Spätestens im Mai schiebt sich ein mächtiger Blütenstand bis anderthalb Meter in die Höhe. Er verzweigt sich wie ein großer Blumenstrauß und leuchtet bald in sattem Gelb. Die ungeöffneten Blütenknospen lassen sich wie Broccoli zubereiten, aber soviel auch geerntet wird, der Drang der Pflanze Samen zu bilden ist größer und sie schiebt ohne Ende Knospen nach, bis ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt ist. Die Blüten sind bei vielen Insekten sehr beliebt und so ist ein ständiges Summen zu hören. Nach der Blüte bildet sich eine große Zahl langgezogener grüner Schoten, die mehrere runde Samen enthalten. Dürfen sie ausreifen und ausfallen, so erscheinen im Herbst und im folgenden Frühjahr die Sämlinge. Auch wenn die Pflanzen prinzipiell ausdauernd sind, werden sie doch mit der Zeit unansehnlich und sollten ersetzt werden. Das geschieht sinnvollerweise im Frühjahr, wenn der erste Austrieb der alten Pflanzen noch ein zartes Gemüse abgibt, ehe sie entfernt werden.

Kulinarisches

Eine etwas mühsam zu erntende, aber durchaus schmackhafte Gemüsevariante stellen die unreifen Samenschoten dar. Am besten werden sie mit den Fingern abgeknipst, damit nur die weichen im Topf landen.

  • beliebig viele Schoten
  • 2 El Butter
  • Salz, eine Prise Zucker, eine Knoblauchzehe
  • Butter bei mittlerer Hitze schmelzen, Salz, Zucker und zerdrückten Knoblauch in der Butter schwenken bis sich Salz und Zucker gelöst haben, Schoten zugeben, kurz durchrühren und bei niedriger Hitze etwa 15 min dünsten