Süßdolde (Myrrhis odorata): Unterschied zwischen den Versionen

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"Myrrhis" (murra, murris, myrris, myrriza) vermutlich aus dem Griechischen "Spanischer Kerbel", "odorata" duftend
»Myrrhis« (murra, murris, myrris, myrriza) vermutlich aus dem Griechischen »Spanischer Kerbel«, »odorata« duftend
==== Englischer Name ====
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Sweet Cicely
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anwesend, Ableger vorhanden
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====Literatur====
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* Alte Gemüsesorten S. 123, Elke Achtner-Theiss, Sabine Kumm (2015)
* Die Kräuter in meinem Garten S.547, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
* Die Kräuter in meinem Garten S.547, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
* Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.44, Detlev Henschel (2002)
* Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.44, Detlev Henschel (2002)
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Ursprünglich beheimatet war die Süßdolde im Hochgebirge zwischen Pyrenäen und Balkan. Dort wuchs sie auf kalkhaltigen Böden in lichten Wäldern. Wegen des intensiven Aromas nahm der Mensch die Pflanze in seine Obhut und verbreitete sie in ganz Europa. Mönche hegten sie in mittelalterlichen Klostergärten, nutzten ihre Heilwirkung bei Magenschwäche und Husten. Eine aus Blüten, Samen und Blättern angesetzte Essenz, die etwa drei Wochen bei Zimmertemperatur gereift ist, kann tropfenweise eingenommen bei Venenproblemen helfen. Die Pflanze wurde als Blutreinigungsmittel empfohlen, aus den Früchten, die etwa 12% fettes Öl enthalten, wurde aber auch ein Mittel zum Polieren von Möbeln hergestellt. Aus den Klostergärten kam die Süßdolde in die Bauerngärten, was sie nicht zuletzt ihrer Unkompliziertheit zu verdanken hatte. Neben ihrer Verwendung in der Küche konnten Blüten und Blätter auch für Blumensträuße genutzt werden. Aus den Gärten verwilderte sie immer wieder und gelangte schließlich bis in die nördlichen Tiefebenen. Mittlerweile hat sie sich auch außerhalb Europas etabliert und ist sogar in Chile eingebürgert. In Berlin ist nur ein "wildes" Vorkommen in Blankenfelde bekannt, wo die Pflanzen sich auf dem Gelände einer ehemaligen botanischen Anlage erhalten und ausgebreitet haben.   
Ursprünglich beheimatet war die Süßdolde im Hochgebirge zwischen Pyrenäen und Balkan. Dort wuchs sie auf kalkhaltigen Böden in lichten Wäldern. Wegen des intensiven Aromas nahm der Mensch die Pflanze in seine Obhut und verbreitete sie in ganz Europa. Mönche hegten sie in mittelalterlichen Klostergärten, nutzten ihre Heilwirkung bei Magenschwäche und Husten. Eine aus Blüten, Samen und Blättern angesetzte Essenz, die etwa drei Wochen bei Zimmertemperatur gereift ist, kann tropfenweise eingenommen bei Venenproblemen helfen. Die Pflanze wurde als Blutreinigungsmittel empfohlen, aus den Früchten, die etwa 12% fettes Öl enthalten, wurde aber auch ein Mittel zum Polieren von Möbeln hergestellt. Aus den Klostergärten kam die Süßdolde in die Bauerngärten, was sie nicht zuletzt ihrer Unkompliziertheit zu verdanken hatte. Neben ihrer Verwendung in der Küche konnten Blüten und Blätter auch für Blumensträuße genutzt werden. Aus den Gärten verwilderte sie immer wieder und gelangte schließlich bis in die nördlichen Tiefebenen. Mittlerweile hat sie sich auch außerhalb Europas etabliert und ist sogar in Chile eingebürgert. In Berlin ist nur ein "wildes" Vorkommen in Blankenfelde bekannt, wo die Pflanzen sich auf dem Gelände einer ehemaligen botanischen Anlage erhalten und ausgebreitet haben.   





Version vom 27. Dezember 2016, 17:50 Uhr

Weitere Namen

Süßdolde, Austrieb (18.3)

Myrrhenkerbel, Aniskerbel, Spanischer Kerbel

Botanischer Name

Süßdolde, Blüte (15.5.)

»Myrrhis« (murra, murris, myrris, myrriza) vermutlich aus dem Griechischen »Spanischer Kerbel«, »odorata« duftend

Englischer Name

Sweet Cicely

Familie

Süßdolde, unreife Samen (29.5.)

Doldenblütler / Apiaceae

Verbreitung

Ursprünglich heimisch in einigen europäischen Hochgebirgen zwischen Pyrenäen und Balkan,ausschließlich auf kalkhaltigen Böden.

Wuchs

Süßdolde, reifer Samenstand (26.9.)

Krautige Staude, im Winter einziehend, Blätter bis 50cm, Blütenstand bis 1,2m hoch. Bildet im Laufe der Jahre einen sehr umfangreichen rübenartig verknoteten Wurzelstock.

Standort

Bevorzugt halbschattige Standorte(Waldpflanze), kommt aber auch mit sonnigen, trockenen Lagen zu Recht.

Blütezeit

(April), Mai,(Juni)

Blüte

Etwas unregelmäßige Dolden mit kleinen weißen Blüten, nur die Hauptdolde eines Triebes trägt weibliche Blüten und entwickelt Samen

Fruchtreife

(Juni),Juli

Frucht

Sichelförmige Spaltfrucht, unreife Frucht hellgrün, weich, bis 2,5cm lang, aufrecht in der Dolde stehend, intensiv nach süßem Lakritz duftend und schmeckend. Reife Frucht braunschwarz, glänzend, hart,im Spätherbst abfallend.

Vermehrung

Aussaat im Herbst, Samen nicht mit Erde bedecken, Keimung im Frühjahr (Kaltkeimer) Teilung älterer Pflanzen möglich, meist wachsen sogar Wurzelbruchstücke problemlos wieder an,solange eine Blattknospe vorhanden ist

Frosthärte

Nach Einzug der oberirdischen Teile ist der Wurzelstock sehr frosthart.

Pflege

Kaum Pflege notwendig

Verwendbare Teile

Wurzel kann (ähnlich Möhre) als Gemüse verwendet werden, Blätter würzen Salat oder Tee, Blüten aromatisieren Tee oder Essig, unreife Samen am Besten direkt von der Pflanze naschen, als Zutat zu (Obst-)Salat, auf Obstkuchen,in Essig, reife Samen in Doppelkorn eingelegt als Anisschnaps

Inhaltsstoffe

Flavonoide, ätherische Öle ( Anethol), Limonen, Myrcen, Estragol, Vitamine, Mineralstoffe, ca 12% fettes Öl in den Samen

Status

anwesend, Ableger vorhanden

Literatur

  • Alte Gemüsesorten S. 123, Elke Achtner-Theiss, Sabine Kumm (2015)
  • Die Kräuter in meinem Garten S.547, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
  • Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.44, Detlev Henschel (2002)
  • Kräuter S.149, Burkhard Bohne (2010)
  • Köstliche Blüten S.54, Marion Nickig, Heide Rau
  • Köstliches aus dem Garten S. 180, Marion Nickig, Heide Rau (2005)
  • Leckere Rezepte aus dem Kräutergarten Marion Nickig, Heide Rau
  • Von fast vergessenen Gemüsen, Kräutern und Beeren S.21, Marianna Buser, Antonia Koch (2002)
  • Wo der Pfeffer wächst S.251, Hansjörg Küster (1987)

Geschichte und Geschichten

Wie die Pfoten kleiner pelziger Monster schieben sich im Frühjahr, häufig schon im März, die weichen Triebe der Süßdolde aus der Erde. Der Pelz der Anfangstage geht beim Entfalten der Blätter verloren, samtig weich bleiben sie aber den ganzen Sommer hindurch. Das farnartige mehrfach gefiederte Laub wird nicht allzu hoch, breitet sich locker nach allen Seiten aus. Die helle unregelmäßige Zeichnung ist ein deutliches Kennzeichen dieses ausdauernden Doldenblütlers und macht ihn in schattigen Gartenbereichen zu einem fröhlichen Lichtblick. Von April bis Mai schiebt die Süßdolde ihre steifen Blütenstände etwa 70 Zentimeter in die Höhe, unter günstigen Bedingungen auch noch deutlich höher. Der Stängel verzweigt sich und bildet mehrere unregelmäßige Dolden. Die weißen Blüten sind klein, wirken aber durch ihre große Anzahl. In der Regel trägt nur die Hauptdolde männliche und weibliche Blüten und bildet Samen aus, was schon geschieht während die Nebendolden noch blühen. Steif aufrecht stehen die zunächst grünen gefurchten Doppelfrüchte auf den Stängeln. Sie sind bis zu 3cm lang und in diesem unreifen Stadium eine leckere Nascherei, schmecken intensiv nach süßem Lakritz. Ein bisschen Anis, ein bisschen Fenchel und eine ganz zarte Schärfe sind die Hauptkomponenten dieser überraschend intensiv aromatischen Pflanze. Anis und Fenchel gehören wie die Süßdolde zu den Doldenblütlern, was die geschmackliche Nähe erklärt. Süßdoldenfrüchte geben Obstsalaten eine besondere Note, durch ihre Süße lässt sich die zugesetzte Zuckermenge reduzieren, was sich auch beim Einkochen von Obst nutzen lässt. Sie zieren mit ihrem saftigen Grün jeden Erdbeerkuchen sind aber auch in herzhaften Curry-Gerichten eine Bereicherung. Nach einigen Wochen trocknen die Früchte ein, werden schwarz und hart. Wegen der strohigen Fasern können sie jetzt nicht mehr von der Pflanze weg geknabbert werden, sie lassen sich aber vermahlen und ergeben so ein interessantes Gewürz. Oder sie werden als Ganzes in Doppelkorn eingelegt, je nach Vorliebe mit mehr oder weniger Zucker, was nach etwa sechs Wochen bei Zimmertemperatur einen ganz passablen Anis-Schnaps ergibt. Zusammen mit anderen Kräutern wird die Süßdolde in Magenbittern eingesetzt. Etwas zarter im Geschmack sind die Blätter die sich gut in einem gemischten Salat machen und bis in den Spätherbst geerntet werden können. Kürzere Tage und sinkende Temperaturen signalisieren der Pflanze, dass es Zeit wird, die Nährstoffe aus den Blättern in den Wurzeln einzulagern. Trotzdem bleibt sie in manchen Jahren bis in den Dezember hinein grün, fällt erst bei kräftigerem Frost in sich zusammen. Jungpflanzen haben eine gerade Pfahlwurzel, was die Ernte erleichtert, sollen sie als Gemüse Verwendung finden. Mit den Jahren verdreht sie sich zu einem klumpigen, recht umfangreichen Wurzelstock. Schon nach zwei Jahren ist ein Spaten notwendig, um sie auszugraben, denn sie verankert sich sehr fest im Boden. In der Wurzel speichert die Süßdolde Nährstoffe und Wasser, die ihr ermöglichen, sich sogar gegen den Wurzeldruck größerer Gehölze problemlos durchzusetzen, was ihr zarter Wuchs zunächst gar nicht vermuten lässt. Auch Schatten und trockener Boden können den Myrrhenkerbel nicht vom Wachsen abhalten, das macht ihn zu einem Kandidaten für schwierige Standorte. Bleiben die ausgereiften Samen an der Pflanze, so fallen sie irgendwann im Spätherbst aus. Zum Keimen brauchen sie die Kälte des Winters, im Frühjahr finden sich die Sämlinge dann rings um die Mutterpflanze. Sie sind an zwei langen schmalen Keimblättern und den weichen Fiedern leicht zu erkennen. Zum Verpflanzen ist dieses Stadium der günstigste Moment, denn noch reicht eine kleine Pflanzschaufel zum Ausgraben. Muss eine Altpflanze versetzt werden ist das zwar anstrengender, aber auch wenn die Wurzel etwas leiden sollte, wächst sie im Allgemeinen problemlos wieder an. Sollten tatsächlich irgendwann zu viele Süßdolden im Garten wachsen, so können die Wurzeln ausgegraben und als Gemüse verarbeitet werden. Wenige Pflanzen sind so vielseitig verwendbar und gleichzeitig so pflegeleicht wie die Süßdolde, die leider viel zu selten im Garten anzutreffen ist.

Ursprünglich beheimatet war die Süßdolde im Hochgebirge zwischen Pyrenäen und Balkan. Dort wuchs sie auf kalkhaltigen Böden in lichten Wäldern. Wegen des intensiven Aromas nahm der Mensch die Pflanze in seine Obhut und verbreitete sie in ganz Europa. Mönche hegten sie in mittelalterlichen Klostergärten, nutzten ihre Heilwirkung bei Magenschwäche und Husten. Eine aus Blüten, Samen und Blättern angesetzte Essenz, die etwa drei Wochen bei Zimmertemperatur gereift ist, kann tropfenweise eingenommen bei Venenproblemen helfen. Die Pflanze wurde als Blutreinigungsmittel empfohlen, aus den Früchten, die etwa 12% fettes Öl enthalten, wurde aber auch ein Mittel zum Polieren von Möbeln hergestellt. Aus den Klostergärten kam die Süßdolde in die Bauerngärten, was sie nicht zuletzt ihrer Unkompliziertheit zu verdanken hatte. Neben ihrer Verwendung in der Küche konnten Blüten und Blätter auch für Blumensträuße genutzt werden. Aus den Gärten verwilderte sie immer wieder und gelangte schließlich bis in die nördlichen Tiefebenen. Mittlerweile hat sie sich auch außerhalb Europas etabliert und ist sogar in Chile eingebürgert. In Berlin ist nur ein "wildes" Vorkommen in Blankenfelde bekannt, wo die Pflanzen sich auf dem Gelände einer ehemaligen botanischen Anlage erhalten und ausgebreitet haben.


Kulinarisches