Schlafmohn (Papaver somniferum)

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Weitere Namen

Schlafmohn, Sämling (15.4.)
Schlafmohn, Blüte (7.7.)
Schlafmohn, Blüte mit Besuchern (7.7.)
Schlafmohn, lila Variante (9.7.)
Schlafmohn (5.7.)
Schlafmohn, unreife Samenkapseln (15.7.)
Schlafmohn, Samen

Gartenmohn, Bastelmohn, Blaumohn

Botanischer Name

»Papaver« (1) Kinderbrei, (2) von pap - aufblasen (wegen der aufgeblasenen Samenstände), »somniferum« lat. somnifer - schlafbringend, narkotisierend, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher

Englischer Name

Garden Poppy

Familie

Mohngewächse, Papaveraceae

Verbreitung

Zentralasien, Kleinasien, Mittelmeergebiet

Wuchs

einjährig, kräftige Pfahlwurzel, nur kurze Rosettenphase, dann schnell in die Höhe wachsend, Blätter hell blaugrün fiederspaltig mit wachsartigem Überzug, im unteren Bereich kurz gestielt, im oberen stängelumfassend, Blütenstand bis 1,2m hoch

Standort

sonnig, nahrhafter Boden

Blütezeit

Juni, Juli, (August)

Blüte

vierzählige große Schalenblüte, meist dunkle, selten weiße Saftmale auf den Blütenblättern, schon während der Blüte deutlich sichtbare breitrunde Samenkapsel, viele dunkle Staubgefäße, gelegentlich treten gefüllte Varianten auf

Fruchtreife

August, September

Frucht

große vielfächerige Streukapsel mit bei Reife offenen kleinen Löchern unter dem Narbendeckel, dunkle (selten helle) rundliche Samen, bis zu 40000 in einer Kapsel

Vermehrung

durch Aussaat im Frühjahr, die sollte schon früh erfolgen, da Mohn bereits bei Bodentemperaturen ab 3°C keimt, Selbstaussaat, die Samen bleiben etliche Jahrzehnte lang keimfähig

Frosthärte

nicht frosthart, in milden Wintern überleben manche Pflanzen, blühen dann deutlich früher

Tierische Besucher

Die Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Bienen und Hummeln, die durch die im ultravioletten Bereich leuchtenden Saftmale angelockt werden, Meisen hacken gern die reifen Kapseln auf und fressen die Samen

Pflege

vereinzeln, wo sie zu dicht stehen, Samenstände (wenn sie nicht zur Verwendung in der Küche und als Dekoration geerntet werden) über Winter stehen lassen als Vogelfutter

Verwendbare Teile

unreife Kapseln enthalten Rohopium im Milchsaft, Nutzung als Beruhigungs- und Schmerzmittel, Samen zum Backen, das in den Samen enthaltene hochwertige, aromatische Öl wird in der Küche, aber auch zur Herstellung von Malerfarben verwendet

Inhaltsstoffe

in der Pflanze verschiedene Alkaloide, Morphin, Codein, Noscapin, Thebain, Narcotin, Papaverin, Enzyme, im Samen 40-50% Öl (davon 70% Linolsäure)

Status

im Sommer anwesend

Literatur

  • A Contemplation upon Flowers S.296, Bobby J. Ward (1999)
  • Am Anfang war das Korn S.128/141, Hansjörg Küster (2013)
  • Das Gedächtnis der Welt S.152, Marc Jeanson (2019)
  • Das Mythische in der Natur S.51, Stefan Demuth (2012)
  • Die Kräuter in meinem Garten S.400, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
  • Die 'Unkräuter' in meinem Garten S.25, Wolf-Dieter Storl (2018)
  • Die Weltgeschichte der Pflanzen S.341, Wolfgang Seidel (2012)
  • Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.322, Deni Bown (1996)
  • Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.619, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
  • Gartenlust S.43, Johannes Roth (1992)
  • Giftpflanzen Pflanzengifte S.535, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
  • Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.199, Heinz Görz (1987)
  • Handbuch Samengärtnerei S.311, Andrea Heistinger (2004)
  • Heilsam bis Tödlich S.143/158, Jan Grossarth (2022)
  • Historia Naturalis S.235, Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.31, Adelbert von Chamisso (1827)
  • Kölbls Kräuterfibel S.223, Konrad Kölbl (1993)
  • Kräuter S.208, Burkhard Bohne (2010)
  • New Kreüterbuch Cap.CXCVI, Leonhart Fuchs (1543)
  • Nutzpflanzen der Tropen und Subtropen S.192, Bernd Nowak, Bettina Schulz (2019)
  • Nutzpflanzen in Deutschland S.396, Udelgard Körber-Grohne (1987)
  • Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.229, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (2008)
  • Pflanzen des Mittelmeerraumes S.311, Andreas Bärtels (1997)
  • Schön aber gefährlich S.127, Helga Urban, Marion Nickig (2009)
  • Spaziergänge in meinem Garten S.183, Anne-Marie Koenig (1998)
  • Symbolik der Pflanzen S.225, Marianne Beuchert (1996)
  • Thoughtful Gardening S.110, Robin Lane Fox (2010)
  • Tod und Flora S.91, Helmut Eisendle (2009)
  • Von Anis bis Zimt S.44, Günter und Erna Linde (1996)
  • Wo der Pfeffer wächst S.153, Hansjörg Küster (1987)
  • Wo die wilden Pflanzen wohnen S.25, Ewald Weber (222)
  • Zauberpflanzen Hexenkräuter S.198, Gertrud Scherf (2002)
  • Zwiebel, Safran, Fingerhut S.148, Bill Laws (2012)

Geschichte und Geschichten

Der Mohn ist wohl eine der ältesten Würz- und Arzneipflanzen der Welt, wurde schon vor etwa 6000 Jahren in Kultur genommen. Um 4000 Jahre alt sind archäologische Funde nördlich der Alpen. Ursprünglich stammt der Schlafmohn wohl aus dem westlichen Mittelmeergebiet. Schon in den Resten von Pfahlbauten sind die Samen gefunden worden. im Altertum wurde Schlafmohn zur Gewinnung von Öl angebaut, die Samen enthalten bis zu 50% davon. Auch die schmerzstillende Wirkung des Pflanzensaftes war bereits bekannt. In der Odyssee kommt ein Getränk zum Einsatz das betäubt und Erinnerungen auslöscht. Bereits in der spätminoischen Kultur war die Wirkung des Opiums bekannt, wie aus bildlichen Darstellungen zu schließen ist. Plinius beschreibt, wie der Pflanzensaft zu gewinnen ist, und dass er nicht nur den Schlaf befördern sondern auch zum Tode führen kann. Da im Orient Alkohol verboten war suchten die Menschen nach anderen Möglichkeiten sich zu berauschen, fanden sie im Opium und verbreiteten die Pflanze bis in den Fernen Osten. Im 17.Jahrhundert verfielen viele Chinesen der Sucht des Opium-Rauchens, Kriege wurden geführt um die Erlaubnis, mit Opium zu handeln.

Im Saft der frischen Mohnpflanze ist ein Gemisch von etwa 40 verschiedenen Alkaloiden enthalten, sie werden als Opiate bezeichnet. Die drei wichtigsten sind Morphin (beruhigend, schmerzstillend, narkotisch), Papaverin (entspannt die glatte Muskulatur) und Codein (wirksam bei Hustenreiz). Alle Bestandteile fallen unter das Betäubungsmittelgesetz und der Anbau von Schlafmohn ist in vielen Ländern verboten. Frei von Opiaten sind die reifen Samen, die in großer Zahl in den kugelförmigen Streukapseln gebildet werden. Bleibt die Kapsel an der Pflanze so werden die Samen durch den Wind oder vorbei streifende Tiere heraus geschüttelt. Meisen picken die Kapselwände von außen auf und holen die Samen heraus, wobei auch hier ein großer Teil zu Boden fällt. Die Pflanze selbst stirbt nach der Samenreife ab. Im folgenden Frühjahr erscheinen die Sämlinge, sind an den graugrünen, hell bereiften Blättern schnell zu erkennen. Je nach Nährstoffangebot können die Pflanzen bis zu zwei Meter hoch werden. Die grundständige Rosette löst sich dabei vollständig auf, aber der Stängel ist bis oben hin beblättert. Verzweigungen entstehen erst im oberen Bereich. Die Blütenknospen hängen zunächst, richten sich erst kurz vor dem Aufblühen auf. In der frühen Morgendämmerung reißen die zwei Hüllblätter auf und die zerknitterten, eng zusammen geknautschten Blütenblätter kommen zum Vorschein. Sie brauchen einige Zeit um sich zu entfalten. Vier Kronblätter bilden eine große Schale in Farben von weiß, rosa, violett und dem intensiven bekannten Mohnrot. Am Grund der Blütenblätter befinden sich Saftmale die im ultravioletten Bereich leuchten. Sie sind es, die Bienen und Hummeln in großer Zahl anziehen. Mohnblüten sind kurzlebig, spätestens nach zwei Tagen sind nur noch die Kapseln übrig, die deutlich anschwellen, während in ihnen die Samen reifen.

Es gibt Hinweise darauf, dass die ganz jungen Pflanzen früher als Gemüse genutzt wurden, ähnlich wie Spinat, oder als Zugabe zu Gemüseeintöpfen. Gefahrlos zu verwenden sind die reichlich vorhandenen Samen, die geerntet werden, nachdem die Kapseln völlig vertrocknet sind. Meist werden die Samen vermahlen und für verschiedene Arten von Gebäck genutzt. Aus ihnen lässt sich aber auch ein leicht nussiges, angenehm aromatisches Speiseöl pressen. Dieses Öl wurde auch zur Herstellung von Ölfarben und Druckerschwärze verwendet, da so bereitete Farben nicht nachdunkeln.