Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense)
Weitere Namen
Zinnkraut, Katzenschwanz, Fegekraut, Kammenkraut, Schafthalm, Pferdeschwanz, Falbenrock, Wilder Spargel
Botanischer Name
»Equisetum« von lat. equus - Pferd und lat. saeta, seta - Tierhaar, Borste, »arvense« Acker
Englischer Name
Field Horsetail
Familie
Schachtelhalmgewächse, Equisetaceae
Verbreitung
Europa, Asien, Nordamerika
Wuchs
ausdauernd, Wurzelgeflecht aus dünnen zähen schwarzen Strängen, mit in Etagen auftretenden Querverbindungen, senkrechte Wurzeln bis in 3m Tiefe, stellenweise mit kartoffelähnlichen Knollen, grüne, zähe Stängel mit geripptem Querschnitt, steife ineinander geschachtelte tannenartige "Bäumchen" bis 60cm hoch, im Austrieb hell später dunkler grün
Standort
sonnig bis halbschattig, sandiger lehmiger Boden
Blütezeit
März, April, Mai
Blüte
länglich ovaler, hellbrauner Sporenträger, unter sechseckigen Deckplatten sitzen Sporensäckchen
Fruchtreife
Mai, Juni
Frucht
aus den Sporensäckchen austretendes grünliches Sporenpulver, das vom Wind verbreitet wird, Sporenträger sterben nach der Reife ab
Vermehrung
durch Wurzelausläufer
Frosthärte
oberirdisch absterbend, Wurzel frosthart
Tierische Besucher
verschiedene kleine Raupen ernähren sich von den starren Trieben
Pflege
keine Pflege nötig
Verwendbare Teile
weibliche Sporenträger (die hellbraunen unauffälligen Walzen sehr früh im Jahr) als Teigtaschenfüllung, im Omelett oder gedünstet mit anderem Gemüse, junge Blätter frisch oder getrocknet als Tee für Haut, Haar und Nägel, bei entzündlichen Erkrankungen der Harnwege, bei chronischem Husten und bei Schwellungen in den Beinen, äußerlich bei Frostschäden und Durchblutungsstörungen, als starke Brühe als Vorbeugung gegen Mehltau, bei sonnigem Wetter direkt auf die Pflanzen sprühen, ab Juli ist die Kieselsäure in den ausgewachsenen Pflanzen festgelegt und lässt sich kaum noch heraus lösen, die Asche der Pflanzen besteht zu 90% aus Kieselsäure und ist ein gutes Mittel gegen Sodbrennen
Inhaltsstoffe
Kieselsäure (Siliziumdioxid), Gerbstoffe, Kaliumsalze, Flavonoide, Saponine, Magnesium, Natrium
Status
anwesend
Literatur
- Das Naturbuch für Neugierige S.225, Loki Schmidt (2010)
- Das neue BLV Buch der Kräuter S.57, Richard Mabey (Hrsg.) (1989)
- Die Kräuter in meinem Garten S.625, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
- Die 'Unkräuter' in meinem Garten S.47, Wolf-Dieter Storl (2018)
- Der neugierige Gärtner S.131, Jürgen Dahl (1998)
- Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.278, Deni Bown (1996)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.57, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.248, Detlev Henschel (2002)
- Geheimnisse der Pflanzenwelt S.180, Gerd K.Müller, Christa Müller (2003)
- Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.295, Heinz Görz (1987)
- Heilkräuter und Zauberpflanzen... S.115, Wolf-Dieter Storl (1996)
- Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.293, Adelbert von Chamisso (1827)
- Jahreskalender für den Heilpflanzenliebhaber S.76, Ernst-Albert Meyer (1989)
- Klassische Kräuter und Heilpflanzen S.84, Giola Romagnoli, Stefania Vasetti (1996)
- Kölbls Kräuterfibel S.334, Konrad Kölbl (1993)
- Kräuter S.125, Burkhard Bohne (2010)
- Kräuter, Gefährten am Wegesrand S.25, Ursula Stumpf (2018)
- New Kreüterbuch Cap.CXXI, Leonhart Fuchs (1543)
- Naturmedizin Heilkräuter S.55, Penelope Ody (2000)
- Pflanzenwurzeln S.135, M.Sobotik, R.K.Eberwein, G.Bodner, R.Stangl, W.Loiskandl (2020)
- The Book of Weeds S.123, Ken Thompson (2009)
- Was die Kräuterhexen sagen S.54, Maureen und Bridget Boland (1983)
- kraut&rüben 10/1994, 7/1997 S.22, 4/2008 S.56
Geschichte und Geschichten
Immer wieder kommt von Besuchern meines Gartens die Frage, wie denn bloß dem lästigen Schachtelhalm beizukommen wäre, der überall aus dem Boden sprießt. Irritierte Blicke, wenn ich antworte, dass ich im Gegenteil sehr glücklich bin, dieses wunderbare Kraut in meinem Garten zu haben. Sicher, im Grunde ist es ein Anzeiger für verdichteten sandigen Boden, den ja keiner haben will, aber der Ackerschachtelhalm hat so viele gute Eigenschaften, dass er gerne unter meinen Beeten lustwandeln und hier und da zum Vorschein kommen darf. Zudem gehört er zu den ältesten Pflanzen unseres Planeten. Seine Vorfahren wuchsen schon vor 400 Millionen Jahren, zum Teil im Format von großen Bäumen. Wer so lange durchhält hat genügend Strategien entwickelt, um mit widrigen Gegebenheiten klar zu kommen. Ausreißen lässt er sich nicht, seine Wurzeln, die dünnen schwarzen Schnüren gleichen gehen in Tiefen von bis zu drei Metern, wo sie Knollen mit Reservestoffen bilden, und kriechen dort unten herum, bis sie ein geeignetes Plätzchen finden, um in die Höhe zu wachsen. Im Frühjahr erscheinen zunächst die Sporenträger, das Äquivalent zu Blüten, als es solche noch nicht gab. Sie werden häufig übersehen, dabei ist ein genauerer Blick durchaus angebracht, denn die aus sechseckigen Plättchen zusammengesetzten länglich ovalen Gebilde sind ein Meisterwerk der Natur. Unter den Platten sitzen die Sporensäckchen und erst wenn sie ihre hellgrünen Sporen verteilt haben und absterben, erscheinen die kleinen Tannenbäumchen, die im Laufe des Sommers durchaus über einen halben Meter hoch werden können. Die einzelnen Segmente der Stängel sind an den Blattquirlen ineinander geschachtelt, was der Pflanze zu ihrem Namen verhalf. Wie kleine Krönchen sehen die Ringe mit ihren braunen nach oben gerichteten Zähnen aus, an dieser Stelle lassen sich die Stängel leicht auseinander ziehen. Solange sie wachsen ist die Kieselsäure im Inneren der "Tannenbäumchen" noch frei verfügbar und lässt sich im Garten nutzbringend einsetzen. Das Kraut eine halbe Stunde in Wasser ausgekocht hinterlässt eine Brühe, die bestens geeignet ist, Pflanzen zu stärken, die anfällig für Mehltau, Rost oder Krautfäule sind. Dazu wird der abgekühlte Sud bei Sonnenschein auf die Pflanzen gegossen oder gesprüht, so dass sie gut benetzt sind. Die Kieselsäure zieht beim Trocknen in das Blatt ein und stärkt die Zellstruktur. Wird diese Maßnahme rechtzeitig angewandt, also bevor sich Symptome zeigen, ist sie sehr erfolgreich. Auch als Düngung ist Schachtelhalm zu empfehlen, dann aber als Jauche, die zwei bis drei Wochen gären darf, ehe sie im Wurzelbereich bedürftiger Pflanzen ausgebracht wird. Nicht nur Pflanzen, auch wir Menschen profitieren von der im Schachtelhalm vorhandenen Kieselsäure. Im Juni hat der Schachtelhalm die richtige Größe, um für eine Teekur geerntet zu werden. Das Wasser mit dem Kraut sollte eine Viertelstunde köcheln, bevor es abgegossen und getrunken wird. Der Geschmack erinnert an ungesalzene Gemüsebrühe. Wer mag, kann auch die hellbraunen Sporenträger ernten und sie als Gemüse verarbeiten. Roh sind sie weniger schmackhaft, aber mit anderem Gemüse zusammen gedünstet durchaus einen Versuch wert. Die grünen Triebe können im Backofen bei hoher Temperatur verascht werden, die weiße Asche besteht zu 90% aus Siliziumdioxid und ist ein schnell wirksames Mittel gegen Sodbrennen und damit verbundene Magenschmerzen.
Die auch unter dem Namen Zinnkraut bekannte Pflanze wurde frisch gebündelt, um damit Zinngeschirr blank zu putzen oder getrocknet und pulverisiert als Scheuerpulver verwendet.