Christrose (Helleborus niger)
Weitere Namen
Schwarze Nieswurz, Schneerose
Botanischer Name
»Helleborus« (1)lat. nicht bei Verstand (die Pflanze wurde im Altertum gegen Epilepsie und Geisteskrankheiten eingesetzt),(2) von gr. helein - töten und gr. bora - Speise (wegen der Giftigkeit der Pflanze), »niger« lat. schwarz, schwärzlich, düster (Wurzel), Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Christmas- Rose
Familie
Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae
Verbreitung
Mittel- und Südeuropa
Wuchs
ausdauernd, dunkle, verzweigte Wurzel, Blätter lang gestielt 4-9- teilig,glattrandig oder gezähnt, dunkelgrün 20-30cm hoch, Blütenstand ein- bis mehrblütig, 35cm hoch, kann bis zu 25 Jahre alt werden
Standort
halbschattig, nahrhafter, kalkhaltiger Boden
Blütezeit
(Dezember), Januar, Februar, (März)
Blüte
fünfzählige weiße Schalenblüte bestehend aus den Kelchblättern, Kronblätter sind zu tütenförmigen Nektarblättern umgebildet,die UV-Licht absorbieren und dadurch für Insekten besonders gut sichtbar sind, die Blüten sind vorweiblich, viele Staubgefäße, leicht nickend
Fruchtreife
Juni, Juli
Frucht
zahlreiche Samen in zusammengesetzter Balgfrucht, Samen mit Ölkörper (Elaiosom) werden von Ameisen und Schnecken verbreitet
Vermehrung
durch Aussaat im Herbst (Kaltkeimer), an zusagendem Standort reichliche Selbstaussaat
Frosthärte
grün überwinternd und blühend, alte Blätter sterben während der Blüte ab, bei Kahlfrost unter -10°C können die Knospen erfrieren, die vergrünten Blütenhüllblätter bilden Chloroplasten aus und übernehmen die Photosynthese bis im Frühjahr die neuen Blätter wachsen
Tierische Besucher
die frühe Blüte lockt alle Insekten an, die unterwegs sind
Pflege
im Frühjahr altes Blattwerk entfernen
Verwendbare Teile
Giftpflanze, wurde gegen Melancholie eingesetzt, da die Wurzel Niesreiz erregend wirkt und davon ausgegangen wurde, dass Depressionen durch niesen zu kurieren seien
Inhaltsstoffe
Saponine (Helleborin, besonders in der Wurzel), Ranuncosid (Blätter, Stängel, Blüten), Aconitsäure,
Status
anwesend
Literatur
- A Contemplation upon Flowers S.180, Bobby J. Ward (1999)
- Blattrosetten S.52, Raimund Fischer (1997)
- Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.612, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
- Gartenlust S.112, Johannes Roth (1992)
- Gartenzeit S.21, Susanne Wiborg (2009)
- Giftpflanzen Pflanzengifte S.394, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
- Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.204, Heinz Görz (1987)
- Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.24, Adelbert von Chamisso (1827)
- Kölbls Kräuterfibel S.227, Konrad Kölbl (1993)
- Kräuterzauber S.14, Dido Nitz (2012)
- Mein Garten S.11, S.394, S.450, Vita Sackville-West (1951-1958)
- Neulich im Beet S.115, Stefanie Flamm (2022)
- New Kreüterbuch Cap.CV, Leonhart Fuchs (1543)
- Schön aber gefährlich S.99, Helga Urban, Marion Nickig (2009)
- Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.154, Detlev Arens (1991)
- ...und grün des Lebens goldner Baum S.246, Ursula Hofmann, Michael Schwerdtfeger (1998)
- Von Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh S.142, Christiane Freuck (2009)
- Wildpflanzen für jeden Garten S.155, Reinhard Witt (1994)
- Zauberpflanzen Hexenkräuter S.195, Gertrud Scherf (2002)
- kraut&rüben 1/1999, 1/2004, 1/2015, 12/2020 S.28, S.58, 3/2021 S.15
Geschichte und Geschichten
Die Christrose ist schon ein eigenwilliges Gewächs, blüht sie doch zu einer Zeit, in der der Rest des Gartens sich in tiefstem Winterschlaf befindet. Gerade das macht sie interessant, denn in dem schmuddeligen Grau das unsere Winter im Allgemeinen zur Schau tragen, ist jede Blüte ein großer Trost. Wenn es nicht gerade Stein und Bein friert, können sich die ersten Blüten tatsächlich zum Christfest öffnen. Eine Frostphase im Vorfeld ist dem förderlich. Meist wird es aber Mitte Januar, bis die weißen Schalen sich zum Himmel recken und an warmen Tagen erste Bienen durch die vielen Staubgefäße wuseln. Kaum eine Blüte hält sich so lange. Das ist im Winter eine sinnvolle Strategie, da Bestäuber eher Mangelware sind. Aber auch wenn sich nach der Bestäubung die fünfteilige Balgfrucht entwickelt, bleibt die Blüte stabil. Sie ändert nur ihre Farbe von weiß zu grün und ist nun in der Lage Photosynthese zu betreiben bis später im Frühjahr die frischen Laubblätter austreiben. Bis in den Sommer hinein hält sich der Blütenstand, die Samen werden aus den sich an einer Naht öffnenden Balgen vom Wind heraus geschüttelt und in der näheren Umgebung verstreut. Unter günstigen Bedingungen keimen sie bereits im Sommer, sind schon beim zweiten Blatt gut als Christrosen zu erkennen. Bis die Jungpflanzen zum ersten Mal blühen vergehen allerdings drei bis vier Jahre.
Im Altertum wurde die hochgiftige Pflanze als Heilmittel gegen schwer fassbare Krankheiten wie Epilepsie, Wahnsinn oder Melancholie eingesetzt. Ob sie den Patienten tatsächlich geholfen hat oder eher dazu beitrug, sie ins Jenseits zu befördern, sei dahingestellt. Auch als Kampfstoff diente das Pflanzengift. Um die Belagerung von Städten abzukürzen wurde der Saft ins Trinkwasser gemischt. Das löste bei der Bevölkerung so heftige Übelkeit aus, dass jeder Widerstand schnell aufgegeben wurde. In Hexensalben fanden sich Bestandteile der Christrose und der Name Nieswurz weist schon auf eine weitere Anwendung hin, löst die pulverisierte Wurzel doch heftigen Niesreiz aus.