Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis)
Weitere Namen
Liebäugelein
Botanischer Name
»Anchusa« von lat.anchusa - eine rotfärbende Wurzel, »officinalis« in Apotheken erhältliche heilende Zubereitung, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Common Bugloss, Common Alkanet
Familie
Raublattgewächse, Boraginaceae
Verbreitung
Ost- und Mitteleuropa, in westlichen und nördlichen Gegenden eingeschleppt, in Höhenlagen bis etwa 2300m
Wuchs
zweijährig bis kurzlebig ausdauernd, kräftige, außen dunkle Pfahlwurzel, Laubblätter schmal, borstig behaart, auf dem Boden aufliegende Rosette, im zweiten Jahr (selten schon im ersten) mehrtriebiger Blütenstand
Standort
sonnig, eher trockene mäßig nährstoffreiche Böden
Blütezeit
(Mai), Juni, Juli, August, September, Oktober, (November), (Dezember)
Blüte
schneckenförmig aufgewickelter Blütenstand, der sich scheinbar endlos verlängert, Stängel bis zu den Blüten belaubt mit kleiner werdenden rau behaarten schmalen Blättern, auch die Knospen sind rau behaart, nach dem Öffnen der Kelchblätter sind die noch geschlossenen Kronblätter zunächst rötlich, die offenen Blüten sind intensiv blau oder violett (selten rosa oder weiß)
Fruchtreife
Juli, August, September, Oktober, November
Frucht
offener Kelch mit maximal 4 Samen, 2-3mm lang, tropfenförmig mit rauer Oberfläche
Vermehrung
Aussaat direkt nach der Samenreife, Selbstaussaat
Frosthärte
die Rosetten sind frosthart, überwintern meist grün, frieren nur bei anhaltendem Kahlfrost zurück, späte Blütenstände halten kurzfristig leichte Minusgrade aus
Tierische Besucher
Bestäubung durch Honigbienen, verschiedene Hummelarten, die Samen werden unter anderem von Ameisen verbreitet, Futterpflanze für die Raupen des Kleinen Perlmutterfalters
Pflege
kaum Pflege nötig, bei passendem Standort säen sich die Pflanzen zuverlässig selbst aus
Verwendbare Teile
Blätter von Jungpflanzen in geringer Menge im Salat, Blüten als Dekoration, die Wurzelrinde enthält einen intensiv roten Farbstoff
Inhaltsstoffe
Pyrrolizidinalkaloid Lycopsamin, Laburnin, Acetyllaburnin, Alantoin, Cholin, Flavonoide
Status
anwesend
Literatur
- Die Kräuter in meinem Garten S.425, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (1999)
- Die Wildbienen Deutschlands S.335, Paul Westrich (2019)
- Essbare Wildbeeren und Wildpflanzen S.152, Detlev Henschel (2002)
- Flora und Fauna an der Ostseeküste... S.136/193 Manfred Kutscher (2011)
- Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen S.38, Karl Hiller, Matthias F. Melzig (2010)
- Pflanzen auf Hiddensee S.47, Irmgard Blindow (2010)
Geschichte und Geschichten
Die Ochsenzunge ist keineswegs gemein, wie der Name vermuten ließe, sie ist aber an halbwegs naturbelassenen Orten fast allgegenwärtig und daher (all)gemein. Die flach ausgebreiteten Rosetten finden sich an Wiesenrändern ebenso wie zwischen Steinfugen und auf Ruderalflächen. Im Jungstadium sind sie recht unauffällig, wachsen aber gerne an Stellen, wo sie kein höherer Bewuchs stört. Bei guter Versorgung kann die Rosette einen Durchmesser von gut einem halben Quadratmeter erreichen, meist bleibt sie kleiner. Die zu den Raublattgewächsen gehörende Ochsenzunge wächst meist zweijährig, im ersten Jahr bildet sich nur eine Blattrosette, im zweiten Jahr der Blütenstand. Diese Regel ist aber nicht unumstößlich. So können einzelne Pflanzen durchaus schon im ersten Jahr blühen, andere lassen sich zwei oder drei Jahre Zeit. Während die meisten Pflanzen nach der Blüte absterben, bleiben immer wieder Exemplare über mehrere Jahre erhalten, werden mit der Zeit immer prächtiger. Wenn die Rosette sich bereit macht, ihren mehrtriebigen Blütenstand in die Höhe zu schieben, so geht das erstaunlich schnell. Der Stängel mit rauen kleinen Blättern besetzt, die sich schützend um die Triebspitze legen. Auch die Knospen sind borstig behaart, an ihren schneckenartig aufgewickelten Stängeln. Einzig die Kronblätter sind unbehaart. Die geschlossene Knospe ist eher rötlich, die ausgebreiteten Blütenblätter sind intensiv blau oder violett. Selten finden sich Exemplare mit rosa oder weißen Blüten. Hummeln und größere Bienenarten sind schnell zur Stelle, kleinere Insekten haben keine Chance, an den Nektar zu gelangen, da der durch Hohlschuppen im Kelch geschützt ist. Die anfangs eng beieinander stehenden Blüten teilen sich in mehrere »Äste«, die sich verlängern und an ihren Enden immer wieder neue Knospen hervorbringen. Gleichzeitig reifen schon die Samen in den offenen Kelchen, fallen recht schnell aus, um an passender Stelle bald eine winzige Wurzel in die Erde zu schieben und eine neue Pflanzengeneration zu begründen. Die Samen führen ein kleines Appetithäppchen mit sich, das gerne von Ameisen angenommen wird. Die sorgen so für eine weitere Verbreitung der Ochsenzunge, da sie das für die Keimung unnötige Anhängsel irgendwo unterwegs auffressen, den Samen aber liegen lassen.
Eine im Sommer 2023 aufgetauchte Pflanze hat bereits im ersten Herbst geblüht, dann den Winter gut überstanden um schon im April 2024 erneut zu blühen. Das Wetter muss ihr sehr zugesagt haben, im Laufe des Sommers entwickelt sie sich zu einem das Beet dominierenden Busch mit unzähligen Blüten und ständigem Neuaustrieb. Letzte Acker- und Steinhummeln sind im Oktober noch auf Nektarsuche, und selbst im Dezember finden sich einzelne Blüten, die kleiner als die Sommerblüten und mangels Licht nicht mehr ganz so kräftig gefärbt sind.