Schöllkraut (Chelidonium majus)

Aus Pflanzenwiki

Weitere Namen

Schöllkraut, Sämling (27.5.)
Schöllkraut, überwinternde Rosette (14.1.)
Schöllkraut, behaarter Austrieb (1.5.)
Schöllkraut, Blüte (20.4.)
Schöllkraut, Blüte (26.4.)
Schöllkraut, Blüte und Samenansatz (8.5.)
Schöllkraut, Samen

Schellkraut, Goldwurz, Warzenkraut, Herrgottsblatt, Schwalbenkraut, Blutkraut, Augenwurz, Schminkwurz

Botanischer Name

(1)»Chelidonium« von chelidon - Schwalbe, »majus« bezieht sich auf die Blütezeit im Mai wenn die Schwalben aus ihren Winterquartieren zurück kehren, (2) die Alchemisten änderten die Bedeutung von Chelidonium in »Coeli donum« Geschenk des Himmels, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778), schwedischer Naturforscher

Englischer Name

Celandine

Familie

Mohngewächse, Papaveraceae

Verbreitung

Europa, Nordasien

Wuchs

ein- bis zweijährig, selten mehrjährig, kräftiger mehrtriebiger Wurzelstock, aufrechter von Grund auf verzweigter Wuchs, mit Blüten etwa 50-60cm hoch, Blätter einfach gefiedert, gekerbte Teilblätter mit leicht wachsartiger Oberfläche, der junge Austrieb ist borstig behaart, die ganze Pflanze enthält stark färbenden dunkelgelben bis orangen Milchsaft

Standort

sonnig, halbschattig, schattig, wächst in jedem Boden, gerne in Hecken und am Waldrand

Blütezeit

(März), April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober

Blüte

vierzählige, leuchtend gelbe Einzelblüten, meist je 6 in langstieligen Dolden, die aus den Blattachseln wachsen

Fruchtreife

Juli, August, September

Frucht

zweiklappig aufspringende, bei Reife hellbraune, bis 5cm lange Schote, eiförmige schwarze Samen mit Elaiosom

Vermehrung

durch Selbstaussaat, keimt im Frühjahr und im Herbst, die eiförmigen schwarzen Samen haben ein nahrhaftes Anhängsel, das gerne von Ameisen gefressen wird, die Tiere verschleppen die Samen und tragen so zur Verbreitung bei

Frosthärte

Herbstpflanzen überwintern grün, frieren bei starkem Frost zurück

Tierische Besucher

Bestäubung hauptsächlich durch Bienen, Schwebfliegen und einige Käferarten, Ameisen fressen das weißliche Anhängsel der Samen

Pflege

sehr ausbreitungsfreudig, daher nicht zu viele Pflanzen aussamen lassen

Verwendbare Teile

Kraut und Wurzeln, frischer Saft zum Betupfen von Warzen, Tee (wegen der Giftigkeit nur in geringer Menge in Mischung mit anderen Pflanzen), harntreibend, abführend, leicht betäubend, Leber und Galle anregend, das Kraut wurde zum Färben von Wolle, Stoffen und Leder verwendet

Inhaltsstoffe

Berberin, Chelidonin, Coptisin, Protopin, Stylopin, höchster Alkaloidgehalt im Spätsommer/Herbst, Giftwirkung geht beim Trocknen verloren

Status

anwesend

Literatur

  • A Contemplation upon Flowers S.71, Bobby J. Ward (1999)
  • Berliner Pflanzen S.24, Heiderose Häsler, Iduna Wünschmann (2009)
  • Blumen und Kräuter, Geheimnisvolle Namen... S.174, Ulrich Völkel (2010)
  • Das neue BLV Buch der Kräuter S.92, Richard Mabey (Hrsg.) (1989)
  • Die Kräuter in meinem Garten, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
  • Die Weltgeschichte der Pflanzen S.356, Wolfgang Seidel (2012)
  • Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.259, Deni Bown (1996)
  • Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.598, S.G.Fleischhauer, J.Guthmann, R.Spiegelberger (2013)
  • Giftpflanzen Pflanzengifte, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
  • Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.238, Heinz Görz (1987)
  • Hagebutte & Co. S.92, Angelika Lüttig, Juliane Kasten (2003)
  • Heilsam bis Tödlich S.142/152, Jan Grossarth (2022)
  • Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.30, Adelbert von Chamisso (1827)
  • Kölbls Kräuterfibel S.276, Konrad Kölbl (1993)
  • Kräuter, Gefährten am Wegesrand S.83, Ursula Stumpf (2018)
  • New Kreüterbuch Cap.CCCXXXIII, Leonhart Fuchs (1543)
  • Sechzig einheimische Wildpflanzen... S.46 Detlev Arens (1991)
  • Tod und Flora S.115, Helmut Eisendle (2009)
  • Von Timmerjahn, Hollerblüh und Bettstroh S.48, Christiane Freuck (2009)
  • Weeds S.189, Richard Mabey (2010)
  • Wildpflanzen sehen und erkennen S.37, Roger Phillips (1990)
  • Zauberpflanzen Hexenkräuter S.110, Gertrud Scherf (2002)
  • kraut&rüben 7/1997 S.28

Geschichte und Geschichten

Das Schöllkraut gehört zu den Pflanzen, die fast das ganze Jahr hindurch zu finden sind. Selbst im Winter bleibt die Pflanze an geschützten Stellen grün und Blüten sind selbst im November immer wieder zu finden. Die durch Ameisen verbreiteten Samen keimen im frühen Frühjahr, aber auch im Sommer und Herbst, je nach Witterung. An geschützten Standorten erscheinen schon Ende Februar, Anfang März die ersten Blüten an überwinterten Pflanzen, die dann eine recht üppige Gestalt annehmen können. Diese großen Büsche halten sich mit ihren verzweigten Wurzeln im Boden so gut fest, dass der oberirdische Teil eher abreißt, als dass sich die Wurzel ausreißen ließe. Im Allgemeinen bleibt das Herz dabei erhalten und nach kurzer Zeit ist die Pflanze wieder da. Im offenen Gelände lässt sich die Wurzel mit einer Grabegabel lockern und beseitigen, aber das Schöllkraut liebt enge Ritzen am Grunde von Mauern oder auch Pflasterfugen. Dort erwärmt sich der Boden schnell und das Mohngewächs findet ideale Bedingungen. Auch im Wurzelgeflecht von Hecken breitet es sich aus. Wie bei vielen Mitgliedern der Familie wirken die Blätter wie von einer Wachsschicht überzogen, das Grün ist immer etwas blaustichig. Typisch für das Schöllkraut ist der orange-gelbe Milchsaft, der in der gesamten Pflanze zu finden ist und der auf der Kleidung sehr unschöne braune Flecken hinterlässt, die sich so gut wie gar nicht entfernen lassen. Selbst Flecken auf der Haut brauchen Tage, um wieder zu verschwinden. All diesen Widrigkeiten zum Trotz ist das Schöllkraut eine Pflanze die mit der Leuchtkraft ihrer Blüten das Ende der dunklen Jahreszeit ankündigt und deshalb nicht allzu rigoros aus dem Garten verbannt werden sollte. Die wuchsfreudigen Pflanzen strotzen gerade im Frühling vor Lebenskraft. Nach der Blüte lassen sich die Samenstände leicht entfernen, so dass dem Ausbreitungsdrang Einhalt geboten wird. Für Gärtner, denen die wilde Form des Schöllkrauts zu langweilig ist, gibt es auch eine gefüllte Variante.

Um das Schöllkraut ranken sich viele Sagen und Legenden. So glaubten die Alchemisten des Mittelalters, dass der milchige Saft ihnen bei der Herstellung von Gold behilflich sein könne, sie nannten ihn »coeli donum« Himmelsgeschenk. Der Saft soll bei Augenerkrankungen hilfreich sein, was sich schon im Namen widerspiegelt, heißt es doch, dass Schwalben ihren erblindeten Jungen mit Hilfe des Krautes die Sehkraft wiedergeben. Wer die getrocknete Wurzel bei sich trägt, soll fähig sein, jeden Streit zu schlichten. So wurde die Pflanze zu einem Sinnbild der Harmonie.