Seidelbast (Daphne mezereum)

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Weitere Namen

Kellerhals

Seidelbast, Austrieb und Blüte (11.4.)
Seidelbast, Blüte (12.3.)

Botanischer Name

»Daphne« Nymphe der griechischen Mythologie, die, auf der Flucht vor dem zudringlichen Apoll von ihrem Vater Peneios in einen Lorbeerbusch verwandelt wurde, »mezereum« Bedeutung ungeklärt, Erstbeschreibung 1753 durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher

Englischer Name

February Daphne, Spurge Laurel

Familie

Seidelbastgewächse, Thymelaeaceae

Verbreitung

klimatisch gemäßigte Zone im eurasischen Raum, überall eher selten anzutreffen

Wuchs

ausdauernd, kleiner, langsam wachsender, sparrig verzweigter Strauch bis etwa 1,2m Höhe, Blätter lanzettlich, wechselständig, sehr kurz gestielt, weich und schwach behaart

Standort

am Naturstandort in Offenen Laubmischwäldern, kalkhaltiger, nährstoffreicher Boden, in Höhenlagen bis 2500m

Blütezeit

(Februar), März, April

Blüte

die Blüten entspringen meist in Dreiergruppen direkt aus dem alten Holz, aus den Narben der Laubblätter des Vorjahres, die rosa gefärbte, vierzählige Blütenkrone besteht aus den Kelchblättern, Kronblätter werden nicht ausgebildet, oberständiger Fruchtknoten, intensiv duftend

Fruchtreife

Juli, August

Frucht

etwa erbsengroße leuchtend rote "Beere" mit schwarzem Steinkern

Vermehrung

durch Aussaat, Stecklinge

Frosthärte

Laub abwerfend, frosthart

Tierische Besucher

die frühe Blüte liefert Nektar für überwinterte Schmetterlinge wie Pfauenauge, Zitronenfalter, Kleiner Fuchs und C-Falter, die Beeren werden von Vögeln gefressen

Pflege

kaum Pflege nötig, der Standort sollte recht offen sein, damit der Strauch besonders in den ersten Jahren nicht überwuchert wird

Verwendbare Teile

alle Teile der Pflanze sind hochgiftig, schnuppern an den Blüten ist erlaubt

Inhaltsstoffe

Daphnetoxin in der gesamten Pflanze, Mezerin besonders in den Samen, beide Stoffe sind karzinogen, Umbelliferon, Daphnin

Status

anwesend

Literatur

  • Giftpflanzen Pflanzengifte S.287, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
  • Heilsam bis Tödlich S.52/58, Jan Grossarth (2022)
  • Schön aber gefährlich S.81, Helga Urban, Marion Nickig (2009)

Geschichte und Geschichten

Im Garten meiner Kindheit stand ein kleiner Strauch, den wir im Frühjahr häufig aufsuchten, um zu sehen, wann sich die ersten Blüten öffnen würden. Er war kaum einen Meter hoch und wir mussten uns bücken, um den intensiven Duft der kleinen rosa Blüten wahrzunehmen. Später im Jahr bildeten sich direkt an den dünnen Stämmchen leuchtend rote Beeren, die sehr einladend aussahen. Wir haben sehr früh gelernt, dass wir uns von diesen Beeren und dem ganzen Gewächs fernzuhalten hatten und keiner von uns hat je von den Früchten genascht.

Lange Jahre vergingen dann ohne eine Daphne im Garten, aber jetzt kann ich mich wieder an den eigenartigen Blüten erfreuen. Das Sträuchlein ist gerade mal dreißig Zentimeter hoch und hat bisher auch nur einen einzigen aufstrebenden Trieb, aber es blüht. Und die Blüten duften himmlisch. In unseren Breiten gibt es kaum Pflanzen, deren Blüten direkt aus dem alten Holz wachsen, beim Seidelbast ist das aber der Fall. Aus den Narben der abgefallenen Laubblätter wachsen kleine Büschel von Knospen heraus. Sie bestehen nur aus den Kelchblättern, die sich verfärben, um bestäubende Insekten anzulocken. Sollten die bei ungünstiger Witterung ausbleiben, bestäubt sich die Blüte notfalls selbst. An den Enden der Triebe wachsen derweil schon dichte Büschel hellgrüner Laubblätter, die mit der Zeit etwas dunkler werden und sich voneinander entfernen, wenn der Trieb wächst. Aus den oberständigen Fruchtknoten werden im Laufe des Sommers die erbsengroßen Früchte, die so lecker aussehen. Sie haben aber den höchsten Giftgehalt, besonders im Kern. Wenn der zerkaut wird, reichen zehn bis zwölf Beeren, um einen Erwachsenen umzubringen, bei Kindern vier bis fünf. Zum Glück schmecken die Beeren so scheußlich, dass kaum jemand mehr als eine probieren dürfte. Auch alle anderen Teile der Pflanze sind giftig, schon Hautkontakt reicht aus, um böse, schlecht heilende Entzündungen hervorzurufen. Das wurde im Mittelalter häufig von Bettlern ausgenutzt, die sich Geschwüre beibrachten, um Mitleid zu erregen. Der Name Kellerhals bezieht sich auf die volksmedizinische Anwendung der getrockneten Beeren bei Halsschmerzen. Die Beeren wurden zerkaut und beim Verschlucken kam es zum »Kellen« (Quälen) im Hals.

In freier Natur begegnet uns der Seidelbast immer seltener, weshalb er mittlerweile streng geschützt ist.