Vogelmiere (Stellaria media)

Aus Pflanzenwiki

Weitere Namen

Vogelmiere, Wuchs (18.3.)
Vogelmiere, Wuchs und Blüte (24.12.)
Vogelmiere, reifende Samenkapseln (5.6.)
Vogelmiere, Samen (5.6.)

Hühnerdarm, Sternmiere

Botanischer Name

»Stellaria« lat. stellaris - sternförmig, »media« lat. medius - der mittlere, Erstbeschreibung durch Dominique Villars (1745- 1814) französischer Botaniker

Englischer Name

Chickweed, Chickenwort, Craches, Winterweed

Familie

Nelkengewächse, Caryophyllaceae

Verbreitung

fast weltweit

Wuchs

einjährig, weit ausgreifendes Wurzelsystem, sehr elastische weißliche Triebe mit rundlich herzförmigen kreuzgegenständigen Blättern, je nach Nährstoffangebot wenige Quadratzentimeter oder einen halben Quadratmeter bedeckend, Sommerpflanzen leben etwa 5 Monate, Winterpflanzen bis zu einem Jahr

Standort

sonnig bis halbschattig, bevorzugt feuchten nährstoffreichen Boden, wächst aber auch mageren trockenen Stellen, in Höhenlagen bis 2250m

Blütezeit

fast ganzjährig, nur unterbrochen von Dauerfrostperioden

Blüte

winzige weiße Nelkenblüte, 5 Hüllblätter, 5 Kronblätter, die so tief gespalten sind, dass es aussieht, als wären es 10, dreiteilige Narbe, rötliche Staubgefäße, die zwittrigen Blüten bestäuben sich meist selbst

Fruchtreife

fast ganzjährig

Frucht

kleine Streukapsel, kaum Millimeter große rötlich braune Samen, bis zu 20000 pro Jahr und Pflanze, Keimfähigkeit mindestens 60 Jahre

Vermehrung

durch Selbstaussaat, Verbreitung durch Ameisen, aber auch durch Gartengeräte oder Schuhe

Frosthärte

grün überwinternd, nur bei anhaltendem Dauerfrost zurück frierend

Tierische Besucher

Bestäubung durch kleine Fliegen und Käfer,

Pflege

nicht nötig...

Verwendbare Teile

Stängel, Blätter und Blüten roh im Salat, als Spinat, in Suppen, Tee aus frischem Kraut bei Halsentzündungen, Husten und Asthma

Inhaltsstoffe

Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen, Zink, Vitamine A, B und C, Saponine, Selen, Kieselsäure, Gamma-Linolensäure

Status

anwesend

Literatur

  • Die Kräuter in meinem Garten S.581, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (1999)
  • Die 'Unkräuter' in meinem Garten S.219, Wolf-Dieter Storl (2018)
  • Enzyklopädie Essbare Wildpflanzen S.245, Fleischhauer, Guthmann, Spiegelberger (2013)
  • Essbare Samen S.116, Anke Höller, Doris Grappendorf (2019)
  • Pflanzenfamilien S.159, Ross Bayton, Simon Maughan (2018)
  • The Book of Weeds S.98, Ken Thompson (2009)
  • Wildkräuter sehen und erkennen S.11, Roger Phillips (1990)
  • kraut&rüben 1/2021 S.53

Geschichte und Geschichten

Was für eine Erfolgsgeschichte! Schon seit der Steinzeit begleitet uns dieses kleine Pflänzchen, freut sich über den offenen Ackerboden, den wir ihm immer wieder zur Verfügung stellen, über gut gedüngte aufgeräumte Beete und über Komposthaufen. Zwei Wochen nicht hingeguckt und schon ist alles überzogen von kräftig grünen herzförmigen Blättchen an elastischen Trieben, die rundum bis zu einem halben Meter weit in die Welt hinaus wachsen. Unter der Pflanze befindet sich ein ausgreifendes Wurzelsystem, das den Boden festhält und sich auch mit einigem Erfolg der Hand widersetzt, die sie ausreißen möchte. Da eine Vogelmiere nie allein auftaucht, lässt sich häufig schwer feststellen, wo denn nun ihr Ursprung liegt, aus den vielen Samen die sie in mehreren Generationen pro Jahr hervorbringt, entspringen dichte Teppiche. Die Sommerpflanzen haben mit etwa fünf Monaten kein allzu langes Leben, die später gekeimten überstehen den Winter meist grün und können bis zu einem Jahr alt werden. Hauptblütezeit ist der Sommer, die winzigen Sternblüten öffnen sich am Vormittag und schließen sich am Abend, aber nur bei trockener Witterung. An Regentagen bleiben sie geschlossen. Das schadet der Vermehrungsfreude nicht, da sich die zwittrigen Blüten einfach selbst bestäuben. Am Abend und bei grauem Himmel gehen auch die Blätter in Schlafstellung, klappen sich leicht nach unten und hoffen auf bessere Zeiten. Für die meisten Menschen ist die Vogelmiere ein lästiges Unkraut, das die Ordnung im Garten stört. Dabei macht sie genau das, was die Natur vorsieht, sie sorgt dafür, dass die Erde nicht offen daliegt und von Wind und Regen ausgelaugt wird. Selbst im Winter bleibt sie grün, wächst sogar unter einer geschlossenen Schneedecke weiter und an halbwegs geschützten Stellen bildet sie auch in der dunklen Jahreszeit Blüten und Samen. Vogelmiere ist bei vielen Tieren als Futter beliebt und auch wir Menschen können von ihrem Gehalt an gesundheitsfördernden Stoffen profitieren. Einfach im Vorbeigehen ein paar Triebe knabbern oder Salat, Kräuterbutter und -quark damit veredeln, auch eine feine Suppe mit dem pürierten Kraut ist denkbar. Bei rauem Hals empfiehlt sich eine Tasse Vogelmierentee und bei blauen Flecken oder Hautentzündungen wurde früher ein Umschlag aus dem gekochten noch warmen Kraut aufgelegt. Ausrotten werden wir die Pflanze ganz sicher nicht, selbst unter Anwendung harter Unkrautvernichter bildet sie dank ihres kurzen Generationswechsels schnell Resistenzen und zeigt uns, dass es mehr Sinn macht, mit der Natur zu arbeiten als gegen sie.