Wermut ( Artemisia absinthum)
Weitere Namen
Wiegen- und Grabkraut, Alsei, Wurmtod, Absinth, Bitterer Beifuß, Magenkraut, Mottenstock, Heilbitter
Botanischer Name
»Artemisia« nach Artemis, Göttin der Jagd, Frauen und Gebärenden, »absinthum« von gr. absinthion - bitter, Erstbestimmung durch Carl von Linné (1707-1778) schwedischer Naturforscher
Englischer Name
Absinth, Common Wormwood, Lad's Love
Familie
Korbblütler, Asteraceae
Verbreitung
Europa, Nordasien, Nordafrika
Wuchs
ausdauernd, horstig, im unteren Bereich verholzend, Blätter tief fiederspaltig, hell grün, durch dichte kurze Behaarung grau wirkend, Blütenstand reich verzweigt, gut 1m hoch, Blätter in oberen Bereich sehr schmal, ca 1,5cm lang, nach der Samenreife verholzend, die grundständige Pflanze vergrößert sich im Laufe der Jahre, bildet aber keine Ausläufer
Standort
sonnig, eher trockener, mäßig nährstoffreicher Boden
Blütezeit
Juli, August, September
Blüte
in verzweigten Rispen wachsende leicht hängende kleine Körbchen, fast kugelförmig, über jeder Blüte ein schmales Laubblatt, kurze, filzig hell grau behaarte Kelchblätter, Röhrenblüten blass gelb, keine Zungenblüten
Fruchtreife
September, Oktober
Frucht
winzige Achäne ohne Pappus
Vermehrung
durch Teilung, Aussaat, Stecklinge, gelegentlich Selbstaussaat
Frosthärte
bodenständige Laubblätter bleiben weitgehend grün, frieren nur bei längeren Frostperioden zurück, an den Blattknoten der verholzenden Blütenstände bilden sich Jungtriebe, die als Stecklinge verwendet werden können, Wurzel frosthart
Tierische Besucher
Bestäubung durch kleine Käfer und Fliegen, in dem engen Bestand sitzen viele Spinnen und warten auf Beute, der Austrieb ist - aller Bitterkeit zum Trotz - bei Schnecken sehr beliebt
Pflege
Rückschnitt im Spätwinter, um einen buschigen Wuchs zu erzielen
Verwendbare Teile
dünne Stängel mit Blättern und Blüten, in geringer Dosierung als Tee bei Magen- und Gallenbeschwerden (sehr bitter), in der Volksheilkunde als Entwurmungsmittel
Inhaltsstoffe
Thujon, Absinthin, Artabsin, Matricin, Anabsinth, Flavonoide
Status
anwesend
Literatur
- Blumen und Kräuter S.202, Ulrich Völkel (2010)
- Die Kräuter in meinem Garten S.606, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (1999)
- Giftpflanzen Pflanzengifte S.146, Roth, Daunderer, Kormann (1994)
- Illustriertes Heil-, Gift- und Nutzpflanzenbuch S.233, Adelbert von Chamisso (1827)
- Kräuter, S.108, Burkhard Bohne (2010)
- Spaziergänge in meinem Garten S.169, Anne-Marie Koenig (1998)
- The curious Gardeners Almanac S.97, Niall Edworhty (2006)
- Weeds S.103, Richard Mabey (2010)
- Wo der Pfeffer wächst S.277, Hansjörg Küster (1987)
Geschichte und Geschichten
Wermut ist das Bitterkraut schlechthin. Schon ein winziges Blättchen reicht, um dem ganzen Gaumen jeden anderen Geschmack zu nehmen. Kein Wunder, dass diese Pflanze schon vor langer Zeit als heilsam für Galle und Verdauung erkannt wurde, schließlich stimmt ihr Aroma mit dem des Gallensaftes überein. Unter den Artemisien gibt es viele verschiedene Wuchsformen, häufig haben die Pflanzen innerhalb einer Art schon ein ganz unterschiedliches Aussehen, je nachdem auf welchem Boden sie wachsen und wie die klimatischen Verhältnisse sind. So kann auch der Wermut auf magerem Standort eher zierlich auftreten, während er auf nahrhaftem Grund beinah zwei Meter hoch wird. Dass er zu den Korbblütlern gehört, wird nur bei genauem Hinsehen deutlich, die kleinen in Rispen wachsenden Blüten sind sehr unauffällig. Sie erscheinen im Spätsommer und halten sich bis in den Herbst. Bei windoffenem Stand muss die Pflanze eventuell zusammen gebunden werden, da die Stängel sonst auseinander kippen. An Blättern und Blütenständen sind häufig kleinere Spinnen zu beobachten, die in dem Gewirr auf Beute lauern. Im Gegensatz zum Rest der Pflanze soll die Wurzel geruch- und geschmacklos sein. Durch sein starkes Aroma lässt sich Wermut gut zur Abwehr von Schädlingen einsetzen.
Der Name Wermut lässt sich wohl zurückführen auf das mittelhochdeutsche »wermoute«, was »Geist-Mutter« bedeutet, aber auch ein Zusammenhang mit »warm« ist möglich, wegen der wärmenden Wirkung des Aufgusses.
Die appetitanregende Wirkung des Wermut war schon bei den alten Römern und Griechen bekannt, es hieß, dass es schon genüge, ein Wermutblatt in die Schuhe zu legen, um Lust auf Speise zu bekommen. Als Heilpflanze war Wermut sehr angesehen, das änderte sich, als im 19. Jahrhundert das Trinken von Wermut-Likör, dem Absinth zu einer Modeerscheinung wurde. In größeren Mengen genossen, führt dieses Getränk zu schweren gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod, so dass Anbau und Herstellung schließlich verboten wurden. Adelbert von Chamisso widmet dem Wermut einen längeren Artikel, schreibt über die Heilwirkung, aber auch »das Kraut teilt seine Bitterkeit dem Biere mit und macht es berauschend« und »man gebraucht es häufig, um bittere Liköre herzustellen.« Wenn Tiere von der Pflanze fressen, so erhalten Milch und Fleisch einen bitteren Geschmack. Besonders hervorzuheben sei: »Die Asche des Wermuts enthält ungefähr 4/5 ihres Gewichtes Pottasche; dieser außerordentliche Salzgehalt gebietet Aufmerksamkeit.« Eine Pflanze mit so ausgeprägtem Aroma muss natürlich auch magische Kräfte besitzen. Ställe wurden mit Wermut ausgeräuchert, um den Bösen abzuwehren, und wer Wermut bei sich trägt ist sicher vor dem bösen Blick und jeglicher Hexerei.