Hauswurz (Sempervivum tectorum)
Weitere Namen
Donnerwurz, Brautblume, Dachblume, Dachkraut, Dachwurz Steinrose
Botanischer Name
»Sempervivum« von lat. semper - immer und lat. vivus - lebend, »tectorum« lat. tectum - Dach, Haus
Englischer Name
Common Houseleek
Familie
Dickblattgewächse, Crassulaceae
Verbreitung
Europa
Wuchs
ausdauernd bis zur Blüte, dickfleischige Rosette, bis 5cm hoch, Blätter rundlich in einer rot überlaufenen Spitze endend, Blütenstand bis 20cm hoch, bewurzelnde Ausläufer bildend (Kindeln)
Standort
sonnig, mäßig nahrhafter Boden, Felsspalten, Trockenmauern
Blütezeit
Juni, Juli, August
Blüte
aus dem Zentrum der Rosette aufstrebender Blütenstand, dicht stehende rosa farbene Sternblüten, Pflanze nach der Blüte absterbend
Fruchtreife
September
Frucht
Balgfrucht die oberseits aufreißt und die kleinen Samen freigibt
Vermehrung
durch bewurzelte Kindeln, Aussaat möglich aber nur bedingt erfolgreich
Frosthärte
grün überwinternd
Tierische Besucher
Bestäubung durch Bienen, Schwebfliegen und Käfer
Pflege
kaum Pflege nötig
Verwendbare Teile
Blätter, Tee esslöffelweise gegen Übelkeit, spülen bei Zahnfleischentzündungen, entzündungshemmend, wundheilend, fiebersenkend, krampflösend, Pflanzensaft bei Insektenstichen, Verbrennungen und kleineren Wunden
Inhaltsstoffe
Gerbstoffe, Schleimstoffe, Bitterstoffe, Harz, Zucker, Isozitronensäure, Ameisensäure, Tannine
Status
anwesend
Literatur
- Blattrosetten S.89, Raimund Fischer (1997)
- Die Kräuter in meinem Garten S.233, Siegrid Hirsch, Felix Grünberger (2008)
- Dumonts große Kräuter-Enzyklopädie S.351, Deni Bown (1996)
- Großes Kräuter- und Gewürzbuch S.134, Heinz Görz (1987)
- Kräuter S.183, Burkhard Bohne (2010)
- Neue Nachrichten aus dem Garten S.87, Jürgen Dahl (1987)
- Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen S.319, Karl Josef Strank, Jutta Meurers-Balke (2008)
- Zauberpflanzen Hexenkräuter S.141, Gertrud Scherf (2002)
- Kraut&rüben 11/1996, 8/2000, 12/2005
Geschichte und Geschichten
Eine Pflanze die das ganze Jahr über grün bleibt und auf extrem kargem Untergrund wachsen kann, muss bei den Göttern ein besonderes Ansehen haben. Kein Wunder, dass die Hauswurz dem Göttervater Jupiter selbst geweiht war. »Jovis barbam«, Jupiterbart oder in nordischen Gegenden Donarbart wurde sie genannt und sollte Haus und Hof schützen. Bei Unwettern waren es die mächtigen Götterväter, die Blitze vom Himmel schleuderten und damit Häuser in Brand steckten. Wuchs des Gottes Bart auf dem Dach, würde er seine Manneszier nicht in Brand setzen, so der Glaube. Im »Capitulare de Villis« Karls des Großen wurde angeordnet, dass auf jedem Hause die Pflanze wachsen solle. Wissenschaftlich lässt sich das nicht nachweisen, aber in einer Zeit, in der Dächer vorzugsweise mit Stroh gedeckt waren, konnte ein feuchtigkeitsspeichernder grüner Bewuchs die Wahrscheinlichkeit eines Brandes verringern. Noch heute sind in ländlichen Gegenden Pfähle oder Zäune zu finden, auf denen Hauswurzrosetten wachsen.
Die Rosetten der Hauswurz sind so aufgebaut, dass jedes Blatt die größtmögliche Menge an Licht bekommt. Unter den am Boden aufliegenden Blättern bleibt es feuchter als in der Umgebung, die Wurzeln reichen bis tief in Fels- oder Mauerritzen hinein, und jede verfügbare Feuchtigkeit wird in den fleischigen Blättern gespeichert. Sollte die Trockenheit zu lange dauern, sterben zunächst die äußeren Blätter ab, schützen damit den Vegetationspunkt. Sobald wieder Wasser zur Verfügung steht, treiben innen neue Blätter nach. Jede Hauswurzrosette blüht nur ein Mal in ihrem Leben. Auf einem geschuppten relativ dicken Stängel, der zunächst so aussieht, als wolle die Rosette in die Höhe wachsen, öffnen sich rosa oder weiße sternförmige Blüten. Die Form des Blütenstandes erinnert an einen Seestern. Die Samen reifen in Balgfrüchten, die an der oben liegenden Naht aufreißen. Regentropfen schleudern die Samen aus der Hülle. Hauswurzrosetten bilden im Laufe ihres Lebens eine große Zahl von Kindeln, Tochterrosetten, die zunächst von der Mutter mit versorgt werden bis sie Wurzeln bilden und dann eigenständig weiter wachsen. Diese Strategie ist so erfolgreich, dass sich die Pflanze kaum über Samen vermehrt.